MUSIKPÄDAGOGIK - ALLGEMEIN 321 in komplexen Medienwelten, die jeden Sozialraum durchdringen.“1 Diese Durch-dringung führt schließlich dazu, „daß Medien heute an der Konstruktion sozialer Welt genuin mitwirken und ihr Mitwirken von Heranwachsenden auch so erfahren wird: Wir leben in ‘Medienwelten’.“2 In diese Analyse eingeschlossen sind bereits die neuen Computertechnologien. Neue Medien schreiben also nicht grundsätzlich neue Mediengeschichte, sondern sie fahren in dem Inszenieren des für wirklich Angenommenen einfach fort, wobei allerdings - im Unterschied zu vorher - 1. die je gültigen Inszenierungsszenarios in immer kürzer werdenden Zeitintervallen auf-einanderfolgen, 2. eine bislang nicht denkbare Vielfalt unterschiedlicher Wirklich-keitsentwürfe gleichzeitig zur Auswahl und Übernahme gestellt ist. Medien im Un-terricht zu thematisieren hat seinen Grund folglich darin, daß sie Lebenswelten strukturieren. Diese Strukturierung leisten sie, indem sie nicht als neutrale Infor-mationskanäle fungieren, sondern ihnen bestimmte Umgangs-/Vermittlungsweisen adäquat sind, die in der Rückkopplung mit den Medienhantierenden bei diesen zu Perspektivverschiebungen und Verhaltensänderungen führen. Medien schreiben eine ihnen gemäße Inszenierung vor, und ihr unbedachter Einsatz im Unterricht führt schlicht dazu, daß manch arglos Vermitteltes wie unverdächtig Anmutendes das Gegenteil von dem leistet, was es leisten soll respektive in einer nicht medien-gerechten Darstellung gar nicht erst wahrgenommen wird. Damit ist bedeutet, daß Medienpädagogik so in den bestehenden Fächerkanon zu integrieren ist, daß sie in den überkommenen Unterrichtsfächern stattfindet, eine eigene Fachdisziplin Medi-en folglich verfehlt wäre. Gerade eine Fachdisziplin wie Musik wäre aufgefordert, Medien nicht nur als didaktisches Hilfsmittel zu betrachten, sondern sie ist aufge-rufen, da der dominierende Stellenwert von Musik in der Gesellschaft hauptsäch-lich an ihre Medienvermittlung gekoppelt ist, zugleich die Konturierung des Ge-genstands Musik maßgeblich vom Medium abhängt, diese zum Thema von Musik-unterricht zu erheben. So ist Wolfgang Seibold uneingeschränkt zuzustimmen, wenn er sich gegen das unterrichtsbegleitende Hilfsmittel Medium wendet und konstatiert, daß „Schulmusiker auch Medienerziehung als durchgängiges Unter-richtsprinzip verstehen sollten.“3 Musikpädagogik wäre angewiesen, Konzepte zu erarbeiten, welche den Gegen-stand Musik mit den Gegenstand Medium koppeln und zwar auf eine Art und Wei-se, darauf sei explizit hingewiesen, daß das eine vom anderen nicht zu trennen ist. Musikpädagogik wäre demnach Medienpädagogik oder genauer: Musikpädagogik ist in Praxis gewandte Medientheorie. 1 Baacke, Dieter: Lernen und Erziehung in der Medienumwelt. Konzepte der Medienpä-dagogik. In: Merten, Klaus/Schmidt, Siegfried J./Weischenberg, Siegfried: Funkkol-leg: Medien und Kommunikation. Studienbrief 12. Weinheim/Basel 1991, S. 21 2 Ebd., S. 22 3 Seibold, Wolfgang: Musik in den Medien - Medien in der Musik - Medienpädagogi-sches Handeln im Unterrichtsfach Musik. In: Schill, Wolfgang/Tudloziecki, Gerhard/Wagner, Wolf-Rüdiger (Hg.): Medienpädagogisches Handeln in der Schule, a.a.O., S. 203