SCHLUßWORT 377 ren: Mit Abschluß der Programmierarbeit hat der kreative und experimentelle Teil der Arbeit schon seinen Abschluß gefunden, so daß ein Anwender allein die dem Programm inhärenten Ideen erkundet und verwirklicht. Musikprogramme, die sich als befehlsgebende Instanz nicht ausweisen - erinnert sei an das Töne produzieren-de Zeichenprogramm - lassen Anwender folglich auch nur innerhalb bestimmter Grenzen navigieren, wobei diese nicht angesichtig sind und ein Jenseits der Gren-zen nicht zu bedenken ist. Dagegen: mit dem Wissen um die prinzipielle Grenzenlosigkeit sind in der ge-schlossenen Welt der als universal deklarierten Maschine diskrete vielgestaltige Welten zu formen, die dann in der Rückführung die analoge Welt, nunmehr alle Diskretheit beiseite lassend, umfassend verändern lassen. Die nicht begreifbaren Undinge - Immaterialien - lassen dabei das vielerorts noch Unbegriffene an Dingen - Materialien - begreifbar werden. Was aber begriffen ist, ist auch zu bearbeiten, zu gestalten. Materialitäten erweisen sich als amorph, und die Welt wird so zum Ent-wurf. Das Material der Musik - der Klang, der sich schon zuvor in der Welt der Dinge als flüchtig, undinghaft erweist -, ist durch das erstmals möglich gewordene Begreifen in der Welt der Undinge in zuvor nicht vorstellbarer Weise zu gestalten. In Computermodellen ist die Modellierung der analogen Welt vorwegzunehmen, der Prüfung zu unterziehen und auf Alternativen hin zu untersuchen. Im jeweils Verwirklichten schwingt das Nichtverwirklichte als Möglichkeit weiter mit. Damit ist die Beziehung des Subjekts in seiner Welt neu definiert; das Subjekt ist nicht den Bedingungen seiner Welt unterworfen, sondern - im Sinne Flussers - es ist zum Projekt geworden, indem es die Bedingungen für sein eigenes Sein unter ver-schiedenen Möglichkeiten auswählt und selbst schafft. An die Stelle von kausalen Zusammenhängen treten rekursive Vernetzungen. Die Software ist schon die Maschine, und die Hardwarekonkretion nur ihr Spe-zialfall, die unbenommen der Softwaresteuerung bedarf. Daher sind Musikmaschi-nen beliebig zu gestalten, solange nur der Algorithmus im Innern seine Arbeit tut. Hardwareoberflächen - funktionslos geworden - bieten denn auch kaum mehr Be-dienungsfunktionen an. Bedienungsoberflächen von Musikinstrumenten zeigen sich Anwendern folglich aufgeräumt, und was an Funktionen verbleibt, weist den Weg zur eigentlichen Musikmaschine - zur Software. Instrumente werden immer mehr zur Black Box, zu immer undurchschaubar werdenden schwarzen (mitunter auch silbernen) Kästen; die Bedienung gerät zum Problemfall, was häufig genug Anwender dem Problem aus dem Weg gehen läßt, indem sie sich auf das schlichte Bedienen des Ein- und Ausknopfes beschränken sowie sich ausschließlich des Wissens um das Anwählen der Klänge bemühen. An die Stelle von funktional gestalteten Oberflächenansichten treten software-designte Oberflächenuniversen. Aus dem Innern der Geräte leuchten Displays und schreiben Bedienungsfreundlichkeit in Form von immateriellen Bedienungsele-