VON AKTIVKONSUMENTEN UND ERKENNTNISMASCHINE382 N ⇒ Wissen ist als das darzustellen, was es einzig ist, eine zwischen Menschen ge-troffene Übereinkunft. Es gründet in Erkenntnismodellen, die für eine Zeit lang die Lebenswirklichkeit am elegantesten erklären. Aber schon morgen kann ein neues Modell sich eleganter als die bislang gültigen erweisen. ⇒ Damit wäre Schule ein Ort, der dazu anleitet, mit vertraut gewordenem Wissen neue Wissensstände zu erschließen, ein Ort also, der zum Denken in Pluralitäten anleitet. ⇒ Dieser Vorgang der Neuverknüpfung von Wissen zu neuen Wissensquanten ist Computern ein leichtes. Für Schule müßte deshalb im Vordergrund stehen, Schülern aufzuzeigen, wie aus den Neuverknüpfungen Relevantes von Nicht- Relevantem unterschieden wird. Die Selektionsfähigkeit ist zu schulen. ⇒ Selektionsfähigkeit würde dabei bedeuten, Entschlußkraft für Entscheidungen auszubilden. Eine solche braucht es, denn man weiß ja, eine jede Entscheidung wäre auch ganz anders zu treffen gewesen und ist folglich riskant. ⇒ Kompetentes Agieren zuletzt ist nur dann zu leisten, wenn mit dem neuen Alp-habet zu schreiben gelernt oder zumindest das Wissen um die computerinternen Prozesse in Ansätzen gelehrt ist. Denn nur dann kann man wissen, was an Alter-nativmöglichkeiten auch zu verwirklichen ist. Manches hier Beschriebene mag fremd erscheinen vor dem Horizont des Ver-trauten wie Bewährten. So mag die Neigung bestehen, am Vertrauten festhalten zu wollen. Wo pädagogisches Denken allein festzuhalten sucht, gerät es in den Be-reich einer Bewahrpädagogik, mit der Folge, daß Medienwirklichkeit ohne Päd-agogik statthat. Bewahrpädagogik führt allein zu ihrem Scheitern. Mit der hier proklamierten Idee der ästhetischen Erziehung ist ein Weg anzudenken versucht worden, der zu gesellschaftlich kompetentem Handeln anleitet. Das Prozeßmedium Computer schlägt zurück auf die Gesellschaft, in der gleich-sam nichts mehr von Dauer ist, sondern alles im stetigen Wandel begriffen. Eine ästhetische Erziehung ließe Anteil nehmen am gesellschaftlichen Wandel. Dazu bedürfte es der Hinwendung zum Computer. Denn die Idee der ästhetischen Erzie-hung ist dem Medium Computer schlicht inhärent. Konkreter: Unabhängig vom jeweiligen Gebrauch werden Einstellungen bei Computerhantierenden unaufgefor-dert geprägt, die im Handeln das Wesentliche, im Erkennen das Subjektabhängige, im Wissen das Wandel- oder Revidierbare, in Kulturgütern (wie Musikwerken) das Variierbare sowie das Urheberlose oder besser: das Intersubjektive sehen. Ein Umgang mit dem Medium in der beschriebenen Weise würde ein Denken, das die Kontingenz in ihr Zentrum stellt, als Rückkopplungseffekt zur Konsequenz haben. Damit wäre aber die Voraussetzung für das Bestehen in einer komplexen Welt ohne explizite Richtungen geschaffen, die - ohne Sicherheit zu geben - sich offen für mannigfaltige Möglichkeiten zeigt. Und um in jener Richtungsvielfalt Entscheidungen treffen, Richtungen mitbestimmen oder gar eigene Richtungen in-tegrieren zu können sowie neue Möglichkeitsfelder zu eröffnen, braucht es jene hier proklamierte Prozeßkompetenz. Computer sind reine Erkenntnismaschinen, die auch so eingesetzt sein wollen. Ihr Einsatz führt zur Relativierung aller Gewißheiten. Dies zu bedauern wäre ver-