24ForschungsergebnissezurGeschlechtstypikindermusikalischenSozialisationmitzeitgenössischerMusikwurdeninderSaison1999/2000zu19%WerkevonKomponistinnengespielt(vgl.ebd.,114).ImDeutschenKomponistenverbandlagderFrauenanteil1994beinur4%.17ImBereichderPopulärenMusikhatdasKomponiereneinenanderenStellen-wert:DieTrennunginKomponierendeundAusführendeisthiernichtingleicherWeisegegebenwieinderEuropäischenKunstmusik.MusikerInnenschreibenihrRepertoireoftmalsselbst,unddasKomponierenfindethäufiginGruppenprozessenstatt.DennochsindähnlicheTendenzenhinsichtlichderGeschlechterverteilungzubeobachten:Rosenbrock(2003)stelltefest,dassunterdenvonihrbefragtenBandmitgliedern39%derFrauengegenüber66%derMännerkomponierenoderanKompositionsprozesseninnerhalbihrerBandbeteiligtsind.AuchaufeineUnterrepräsentanzvonFrauenimBereichImprovisationwurdevielfachhingewiesen.Zahlen,diesichaufdenAnteilderImprovisierendenunterdenMusikerInnenbeziehen,liegenjedochbishernichtvor.IndirektzeigtsichdasUngleichgewichtimgeringenFrauenanteilinderPopulärenMusik,insbesondereimJazz,fürdendieImprovisationgrundlegendist.DaeszwischenKompositionundImprovisationvieleParallelengibt,werdeichdieErklärungsansätzefürdieUnterrepräsentanzvonFrauenfürbeideBereichezusammendarlegen.BruhnundRösing(1997,515)legendar,dassnachheutigerAuffassung»derUnterschiedzwischenKompositionundImprovisationkeineswegsprinzipiellerundschongarnichtqualitativer,sondernlediglichgraduellerArt«sei.Rosenbrock(2003,177)knüpftdarananundweistdaraufhin,dassgeradeimBereichderPopulärenMusikImprovisationoftmalszurKompositionsmethodewerde.BeidenTätigkeitenistaufgrundihreshohenAnteilsankreativerGestaltungeinwesentlichesElementgemeinsam.Green(1997,82ff.)betrachtetImprovisationsogaralseinespezielleFormvonKomposition,dafürsienichtdieschriftlicheFixierung,sonderndermusikalischeKonstruktionsprozesscharakteristischist.18AllerdingsunterscheidensichdiebeidenBegriffedurchihrenkulturellenHin-tergrund:WährendfürdieImprovisationaurale19Traditionengrundlegendsind,istdieKompositioneinwesentlichesElementschriftbezogenerMusikkultur.DadieseKulturtraditionenunddiemitihneninVerbindungstehendenLernformenfürdieweiterenAusführungenvonBedeutungsind(vgl.TeilIKapitel6.)werdeichüberwiegendin»Komposition«und»Improvisation«unterscheiden.GleichzeitigmussimBlickbehaltenwerden,dassdieGrenzenverschwimmen,wennimprovisierteSolinachträglichtranskribiert,Kompositionen»er-improvisiert«oderImprovisatio-nenaufderBasisvorabfestgelegtenTonmaterialsgestaltetwerden.ZudemgibtesinderBewertungdieserPraktikenParallelen:WährendinderEuropäischenKunstmusikdemkompositorischenWerkeinebesondereAchtungentgegengebrachtwird,genießeninderafroamerikanischenTraditionimprovisierendeMusikerInneneinbesondershohesAnsehen.BeidenBereichenistgemeinsam,dassdiekreativenProzessetendenziellmystifiziertwerdenundeineaußergewöhnlicheBegabungalsVoraussetzunggilt,dieinderRegelmitMännlichkeitinVerbindunggebrachtwird.17BrinkmannundWiesand(2001)konntenhierkeineneuerenZahlenerfassen.18Green(1997,82)definiertKompositionals»constructingmusicbychoosingelementsfromaselectionofpitches,durations,dynamics,timbresandtextures«.19ZurWahldesBegriffs»aural«anstellevon»oral«vgl.TeilIAbschnitt6.1.