2.2GeschlechtervergleichendeDaten25Hassler(1998)führteeineStudiezuGeschlechtsunterschiedenindenBereichenKompositionundImprovisationdurch,diedenEinflussneurobiologischerFakto-renuntersucht.DerSchwerpunktihresInteresseslagdabeiaufder(schriftlichen)Komposition,eswurdenjedochauchImprovisationsaufgabenindieTestanordnungaufgenommen.IneinerLängsschnittstudiewurdenMädchenundJungenübermeh-rereJahrehinwegimmerwiederTestsunterzogen,indenensieu.a.durchzweiverschiedeneKompositions-undImprovisationsleistungenihrekreativenFähigkeitennachweisensollten.HasslerkommtzudemErgebnis,dassdiekreativeLeistungwährendderPubertätmeistensabnimmt,undzwarbeidenMädchenhäufigeralsbeidenJungen(vgl.S.39ff.).SiestellteinenZusammenhangzwischendiesenKrisenundÄnderungenimTestosteronspiegelher,diesichbeiMädchenhäufigerungünstigauswirkten.DiesesErgebniskamjedochauchdadurchzustande,dasseingrößererTeilderMädchendiekreativenLeistungenimzweitenDurchganggarnichtmehrerbracht,alsokeineKompositionenabgegebenoderImprovisationenvorgeführthat.AusdieserzurückgehendenBeteiligungzuschließen,dassdieMädchendienotwendigekreativeFähigkeitmitPubertätseintrittnichtmehrbesaßen,halteichfürproblematisch.DiegeändertensozialenBedingungenHeranwachsender,dieetwazeitgleichmitderÄnderungdesHormonspiegelseinsetzen,könnenzudieserEntwick-lungebensobeigetragenhaben.MädchenerlebenindieserPhaseofteinepsychischeVerunsicherung,diesichauchnegativaufihreImprovisationsleistungenbzw.ihrVer-trauenindieeigenenkreativenFähigkeitenauswirkenkann.20GeschlechtsbezogeneRollenerwartungenundVorbilderwirkenindieserZeitbesondersstarkimRahmeneinesProzessesderIdentitätsfindung,indemauchdiegeschlechtlicheIdentitäteinewesentlicheRollespielt.AufähnlicheEffektezieltauchGembrisab(2002,135)undstelltindiesemZusammenhangdieFrage:»Oderkönnteessein,dassderfrüheundeklatanteRückgangderkompositorischenKreativitätbeidenMädcheninderStudieHasslerauchmitSozialisierungsprozessenwährendderPubertätzusammenhängt?«AuchFörner(2000,67)siehtdieVoraussetzungenfürmusikalisch-schöpferischeProzessebeiMädchenwährendderPubertätimZusammenhangmitErfahrungenindersozialenUmwelt:AbergeradedasSelbstbewußtseinalsnotwendigeBasiskreativenTunssinktbeiMädcheneherimVerlaufderSekundarschulzeit.Dies,zusammenmitderwährendderAdoleszenzsichvollziehendenAusrichtungaufAttraktivitätundBestätigungdurchJungenbietetkeineguteGrundlagefürdieAusbildungeigenermusikalisch-künstlerischerProduktivität.Hasslerweistzudemdaraufhin,dasssicheinegenerellungünstigereDispositionvonFrauennichtnachweisenlässt.SiestelltlediglicheineetwasgrößereKrisenan-fälligkeitbeidenkomponierendenMädchenfestundsiehtansonstenbeiMädchenwieJungenpsychologischeundphysiologischeAndrogyniealsgünstigsteBedingungfürKompositionstalent.DaherkönnenihreErgebnissedieUnterrepräsentanzvonFraueninKompositionundImprovisationm.E.nichthinreichenderklären.Esistdavonauszugehen,dassauchhierdieerwähntenbürgerlicheIdealeweibli-cherMusikerziehungausdem19.Jahrhundert(vgl.TeilIAbschnitt2.2.1.3)bisin20DiesistsicherauchbeiJungenvielfachderFall.IneinerweiterenUntersuchungwäreesdahererforderlich,geschlechtstypischeUnterschiedeimUmgangmitdieserVerunsicherungindieForschungeinzubeziehen.