3.2TheoretischeAnsätze39Ergebnis,»daßdasAusmaßderGeschlechtsunterschiedeimVergleichzudenun-abhängigvomGeschlechtauftretendeninterindividuellenDifferenzenalsrelatvgeringeinzuschätzenist.DiesgiltauchfürvariableBereiche,indenenkonsistenteGeschlechtsunterschiedenachgewiesenwerdenkonnten,wiez.B.inräumlichenundverbalenFähigkeiten«(vgl.hierzuauchBaacke1999a,206).Gembris(2002,172)weistdaraufhin,dassextrememonokausalebiologistischeodersozialdeterministischePositionenheutekaumnochernsthaftvertretenwerden.Gleichzeitigbetonter,dass»geradedieVererbungsforschungvonIdeologiedurch-tränktseinkannundzurBestätigungbestimmterWeltbildereingesetztwird«(ebd.,179)undführtindiesemZusammenhangdasBeispieldesenglischenVererbungsfor-schersSirCyrilBurtan.DerrenommierteWissenschaftlerveröffentlichtezahlreicheeinschlägigeStudien,indenenerdieVererbbarkeitvonIntelligenz»nachwies«.JahrenachseinemTodstelltesichheraus,dasser»währendderletzten30JahreseinesLebensüberhauptkeineDatengesammelthatte.Forscher,mitdenenerangeblichzusammengearbeitethatte,existiertengarnicht,undseineganzeArbeitentpupptesichalseingigantischerBetrug«(ebd.,179f.).AndereForschungenzumgleichenThemasindentwedermethodischangreifbaroderproblematisieren,dasseineeindeutigegenetischeBegründungnichtnachgewiesenwerdenkann.WenngleichdamitdieVererbungvonIntelligenznichtwiderlegtist,soistdocheinideologischgeprägtesForschungsinteressestarkzuvermuten.DadiebiologischeForschungaufgrundihresnaturwissenschaftlichenHintergrundsimöffentlichenDiskursnachwievorvielfachalsbesondersglaubwürdigbetrachtetwird,kannsieleichtfunk-tionalisiertwerden.DieseGefahrbestehtbezüglichderErklärungmusikalischerFähigkeitenbzw.Begabungenebenfalls.DamitdemBezugaufdieVererbungauchideologischeundpolitischeZieleverfolgtwerdenkönnen,indemsiezurLegitimationvonsozialenHierarchienundDiskriminierungverwendetwerden,sinddieErgebnissebiologistischerForschungbrisant.DeutlichistdiesamBeispielrassistischerForschung,derenHaltlosigkeitheutejedochbekanntist.AuchimZusammenhangmitGeschlechterdifferenzenkannsiekaumneutralrezipiertwerden.AuchHartogh(2005,37)warntvoreinigenaktuellenStrömungenbiologistischerForschung.ErsiehteinenTrendzu»populärwissenschaftlichenPublikationen[...]diedenUnterschiedderGeschlechtermaßgeblichinderHirnstrukturbegründetsehen[...]DenempirischenBelegbleibendieAutorenschuldig.«DurchdenMangelanempirischerAbsicherungentstehtdieGefahrtheoretischerFehlinterpretationen.HartoghziehteineParallelezuPaulJuliusMöbius(2000/1905),derzuBeginndes20.JahrhundertsindemBestseller»ÜberdenphysiologischenSchwachsinndesWeibes«zudemErgebniskam,aufgrundihrergeringerenGehirnmasseseienFrauendümmeralsMänner(vgl.ebd.).InsgesamtsiehtHartoghdenErkenntnisgewinndurchdieNeurowissenschaftenfürMusikpädagogikundMusikpsychologieüber-schätzt:»SozialeundkulturellePhänomenelassensichnichtaufHirnphysiologiezurückführen;dieNeurobiologiekanndahernichteineLeitdisziplinderHuman-undKulturwissenschaftenwerden«(ebd.,42).GeradezurErklärungmusikalischerFähigkeitenwurdeinderVergangenheitvielfachaufdieVererbungBezuggenommen.ManversuchtedamitauchGeschlechts-unterschiedezuerklären.DieForschungsmethoden–z.B.dieAnalysevonStamm-