3.2TheoretischeAnsätze43dieGeschlechterverhältnissealsgesellschaftlichbedingtundsiehtEntwicklungalseinenProzessderaktivenAneignung,indemprinzipielldieMöglichkeitbesteht,geschlechtsstereotypeAnregungenderUmweltauchzurückzuweisen.AndereForscherInnenkritisierendieTheorieundmerkenan,dassmankeinesfallsdavonausgehenkann,dassdievonPiagetgefundenenkognitivenEntwicklungsstu-fenmitdenSchrittenübereinstimmenmüssen,indenendieGeschlechtsidentitäterworbenwird.Rendtorff(2003,123)kommtzudemSchluss:»Diekognitionspsy-chologischeTheoriederGeschlechtstypisierunggreiftalsomitSicherheitvielzukurzundistnichtdazugeeignet,brauchbareAnregungenüberdenkomplexenProzessderGeschlechtstypisierungbeizusteuern.«DasModellPiagetswurdeauchaufdiemusikalischeEntwicklungangewandt.Gembris(2002,235f.)weistzwardaraufhin,dassdiesinvielerHinsichtproble-matischist–unteranderem,daEntwicklungenimkognitivenBereichauchnichtsynchronmitdenjenigenimkünstlerischenBereichablaufenmüssen.ZudemliegtauchhierkaumempirischesMaterialvor.DennochhatderBezugaufPiagetfürdiemusikalischeEntwicklungsforschungwichtigeDenkanstößegegeben(vgl.Gembris2002,232ff.).AusmusikpädagogischerSichtistdieFragevonInteresse,obesEntwicklungs-stufengibt,indenenKinderbesondershäufigzurOrientierunganStereotypenneigen.DadurchkönntenhierWechselwirkungenzwischenmusikalischenSozialisati-onsprozessenundderEntwicklungderGeschlechtsidentitätentstehe.Auchsonstistesmöglich,dassderEintrittineinePhasederkognitivenEntwicklungoderdesIdentitätserwerbsmitVeränderungenindermusikalischenSozialisationeinhergeht.Damitzeigtsich,dasskognitionspsychologischeTheorienwichtigeForschungsfragenaufwerfen.WenngleichsieeinergenauerenAusdifferenzierungbedürfenundihnenteilweisedieempirischeAbsicherungfehlt,habenihreDenkstrukturenderForschungvieleAnstößegegeben(vgl.Gembris2002,237).3.2.3SoziologischeAnsätzeDieverschiedenenAnsätzederSoziologiezurErklärungvonSozialisationsprozessenunterscheidensichzunächsthinsichtlichderRolle,diedemIndividuumdabeizugeschriebenwird.AußerdemliefernsieunterschiedlicheErklärungenfürdieFunktionsweisediesesProzessesselbst.Diebereitsinden1950erJahrenentstandenestruktur-funktionaleSystemtheoriesiehtdieAnpassungandiesozialeUmweltalsmaßgeblichan.6SiewurdeimWesent-lichenvonTalcottParsonsinAnknüpfungandennochstärkersozialdeterministischgeprägtenAnsatzvonDurkheimentwickelt.Parsonsunterscheidetzwischeneinemorganischen,einempsychischenundeinemsozialenSystem.Sozialisationwird»alsschrittweiseÜbernahmederVerhaltensmaß-stäbedessozialenSystemsindaspsychischeSystemverstanden«(Hurrelmann2003,84).InnerhalbdessozialenSystemsgibtesverschiedeneSubsysteme,dieaufdasIn-dividuumeinwirken.DieseSystemehabeneineStruktur,d.h.statischeAnteile,undeineFunktion,d.h.dynamischeAnteile(vgl.Zimmermann,50f.).InnerhalbderSys-temewirddasHandelnderIndividuendurchRollenbestimmt.Sozialisationvollzieht6ZumFolgendenvgl.Hurrelmann2003,83ff.undZimmermann2003,50ff.