48TheoretischerBezugsrahmenZimmermannweistmitBezugaufZinneckerdaraufhin,dassSelbst-undFremdso-zialisationsystematischmiteinanderverbundensindundnurverschiedenePoledesPhänomensSozialisationbilden.WenngleichdieBetonungdesEigenanteilsimSozialisationsprozessalswichtigerSchrittderSozialisationsforschunggeltenkann,birgtderBegriff»Selbstsozialisation«auchdieGefahreinerVerzerrungdesSachverhalts.Rendtorff(2003,150)merktdazuan:MichüberzeugtdieseWortschöpfungauszweiGründennicht:ErstensmusseinzeitgemäßerBegriffvonSozialisationdenaktiv-konstituierendenAspektsowiesokonzeptionellberücksichtigen–insofernwäredieBetonungdesEigenanteilsdesKindesgarnichtmehrnotwendig,weilsiesichgegeneinenSozialisationsbegriffwendet,dernichtmehrangemessenist.UndzweitenshalteichdenAusdruckauchfürtendenzielleuphemistisch.WenngleichderaktiveTeildesIndividuumsinderälterenForschungunterbewertetwurde,istdieWirkung,diedieUmweltaufdenVerlaufdesSozialisationsprozesseshat,docherheblich.FürdiemusikalischeSozialisationhatinsbesondereMüller(u.a.1994)denBegriffderSelbstsozialisationherangezogen.8SiebeziehtsichvornehmlichaufdieEntwick-lungmusikalischerInteressenundVerhaltensweiseninAuseinandersetzungmitdenimUmfeldvorhandenenmusikalischenPraktiken.DieAnregungen,dieeinePersonindenverschiedenenSozialisationsinstanzenjeweilsvorfindet,sindschicht-undkulturabhängigundhabeninderRegeleinegeschlechtsbezogeneDimension.KonsequenzdesModellsderSelbstsozialisationist,dassdasIndividuumdieMöglichkeithat,beiseinermusikalischenOrientierungauchgeschlechtsuntypischeAnregungenaufzunehmenundinseinemusikalischeIdentitätzuintegrieren.SokönnenauchJungendenTanzoderMädchendieImprovisationalsbevorzugtesmusikalischesAusdrucksmittelwählen.WenngeschlechtsstereotypeAnregungeninderUmweltdominieren,sinddieBedingungenfürdiegleichzeitigeEntwicklungvonnichtgeschlechtstypischemVerhaltenundeinerpositivenGeschlechtsidentitätm.E.jedochschwierig.Zinnecker,HasenbergundEickhoff(1999a)verwendendenBegriffmusikalischeSelbstsozialisationlediglichinBezugaufdiejenigenAnteilemusikalischerSozia-lisation,dieeinegewisseEigenaktivitätvermutenlassenwiez.B.diefreiwilligeTeilnahmeanEnsembles.DamitermöglichensieeinedifferenziertereBetrachtung,wenngleichzwischenselbst-undfremdbestimmtemmusikalischenHandelnm.E.nichtklargetrenntwerdenkann.Hatjemand–bewusstoderunbewusst–einenbestimmtenmusikalischenWegeingeschlagen,sowirktsichdiesoftmalsaufweitereEntwicklungenaus,ohnedassdasIndividuumsichdieserKonsequenzenbewusstist.PräferenzenfürbestimmtemusikalischePraktiken(z.B.fürImprovisationoderKomposition)werdennichtnurdurchdirekteAnregungenindiesemBereich,sondernauchdurchverschie-denemusikbiographischeVorentscheidungenwiedieInstrumentenwahloderdenstilistischenSchwerpunktbestimmt.WichtigistindiesemZusammenhangauchdieEntwicklungvonVorliebenfürbestimmteFormenmusikalischenLernens.Diese8AufgegriffenwurdederBegriffu.a.vonVogt(2004).