72GeschlechtstypischeundmusikalischeSozialisationdifferenzenimSozialverhalten,undzwargeraderobusteBefundewiedieNeigungvonJungenimGrundschulalterzumRaufen,MerkmaledergleichgeschlechtlichenGruppeundnichtderEinzelnensind:altersspezifischeEntwicklungsmusterundInteraktionsmusterverstärkensichwechselseitig,umdenEindruckvongeschlechts-typischenEigenschaftenzuerzeugen,währendbeide,MädchenundJungen,zugleicheinzelneinvielbreiteresVerhaltensrepertoirebesitzen«(Hagemann-White2004,154).EickhoffundHasenberg(1999,193)zufolgesindMädchenheuteebensoinPeer-groupsoderCliquenintegriertwieJungen,währendsichinden1960erund1970erJahrenJungenweitaushäufiger»ineinemKreisvonjungenLeuten«bewegten.Mädchensindallerdingsnachwievordurchschnittlichwenigermobil(z.B.mitdemFahrradunterwegs)undverbringeninsgesamtwenigerZeitindiesenGruppen.DiegeringereMobilitätzeigtsichbesondersbeidenMädchenderoberenMittelschicht.Den»pädagogikfreienRaum«,d.h.denaußerinstitutionellenFreizeitbereich,bezeichnetVogt(2004,4)alsbesonderswichtigenRahmenmusikalischer»Selbst-sozialisation«(vgl.auchTeilIAbschnitt3.2.5).MusikhatinnerhalbjugendlicherPeergroupseinenhohenStellenwert.DiesäußertsichnichtnurimgemeinsamenHö-renundimTeilenvonPräferenzen.Sander(1999,227)ermittelteineinerBefragung13-bis14jähriger:»DasgemeinsameMusikhörenistmeistnichtnur›Musikhörenansich‹,sondernmehralsdieHälftedervonunsbefragtenJugendlichengehtdabeiaktivmitMusikum:Mitsingen,Tanzen,Toben,Liedtextelesen,Songtexteübersetzen,sichbeiMusikschminkenundverkleiden.«MusikwirdvonSanderalsdas»zentraleLeitmediumderJugendlichensowiederPeer-Beziehungen«bezeichnet.Darausergibtsich,dassdiemusikalischeSozialisationinderPeergroupnichtnurbeiderUntersuchungvonPräferenzen,sondernauchimHinblickaufmusikalischeEntwicklungsprozessestärkerberücksichtigtwerdenmuss,alsdiesbisherderFallist.MusikalischePeergroupaktivitätenstehenhäufigimZusammenhangmitjugend-kulturellenStrömungen,fürdieMusikeinwesentlicherIdentifikationsfaktorist.InälterenForschungsarbeitenwurdevermehrtdaraufhingewiesen,dassMädchenindiesenJugendkultureneineunwesentlicheRollespielenbzw.kaumZugangzuihnenhaben(vgl.Spengler1987;Turan1993;Frith1981).McRobbie(1991)stelltdagegendieTheseauf,dassdieTeilhabederMädchenlediglichnichterkanntwird,dasiesichaufandereWeisemitSubkulturenauseinandersetzen:SiesindFans,übernehmenstilistischeElementeinihrerKleidung,tanzenundtauschensichüberMusikaus(vgl.Grether1997,211).McRobbie(1997,193)stelltfest,»JungeFrauenhabeninGroßbritannienwährendderletzten15JahreeinenProzessderdrastischen›Loslösung‹durchlaufen,derjetztindensozialenInstitutionen,derkommerziel-lenMassenkulturunddenverschiedenenjugendlichenSubkulturensichtbarwird«.Analysender1970erund1980erJahrewerdenderheutigenRollevonMädcheninJugendkulturendahernichtmehrgerecht.DennochsindimmernochTendenzenvorhanden,wiesieFrith(1981,266)nochdrastischformulierte:»FürdieJungenderöffentlicheAuftritt,fürdieMädchenderprivateKonsum«.EineähnlicheSichtweisefindetsichfünfzehnJahrespäterbeibeiMüller(1996a,7):