80DieEntwicklungmusikalischerFähigkeitendererstenzehnLebensjahrewerdendiegrundlegendenmusikalischenFähigkeitenerworben,dienotwendigsind,umsichinderMusikkulturimwesentlichenzurecht-zufindenundanihrteilhabenzukönnen«.Erweistdaraufhin,dassdafürzwarkeinformellerUnterrichtnotwendigsei,dieseraberEntwicklungsschrittebeschleunigenkönne(vgl.ebd.).AuchErgebnissederExpertiseforschunghabenergeben,dassdiePraxiswährendderKindheitfürdieEntwicklungmusikalischer(Hoch-)LeistungenvonbesondererRelevanzist(vgl.ebd.,154ff.).Dieslegtnahe,ineinerStudiezurmusikalischenSozialisationdermusikalischenUmweltindieserLebensphasebesondereAufmerksamkeitzukommenzulassen.BeidenverschiedenenvonBastian(2000;Bastian2001)durchgeführtenTestsmusikalischerFähigkeitenmitBerlinerGrundschulkindernschneidendieMädchennahezudurchgängigbesserabalsdieJungen.DiesbetrifftdasNachsingenundErfindenvonMelodienundRhythmenebensowiedasDurchführeneinesMetrums(vgl.ebd.).LediglichindenHörfähigkeitengibteskeineUnterschiedezwischenJungenundMädchen.DieseErgebnissebedürfenjedochm.E.einerdifferenzierte-renAnalyse.DieTestanordnungenBastiansakzentuierenbesondersdieBereicheGesangundmusikbezogeneBewegung.HierliegenAnalogienzurmädchentypischenSozialisationvor.BastianinterpretiertdieDifferenzenjedochteilweisebiologistisch:»MusikundBewegung,MusikundKörpererfahrung,MusikundtänzerischeGestal-tungsindErfahrungs-,Erlebens-undLernbereiche,diedenmusikalischenAnlagenundFähigkeitenderMädcheninbesondererWeiseentgegenkommen«(Bastian2001,73,HervorhebungI.S.).DarüberhinausführternebendemVerweisaufdenEntwicklungsvorsprungderMädchenhirnphysiologischeArgumentean:GehirnevonMädchenseiendurchschnittlichwenigerstarklateralisiert,wasauchaufpro-fessionelleMusikerzutreffe.SozialisationsbedingteDifferenzenziehterdagegennichtzurErklärungheran.SeineGesamtbilanzeiner»›starke[n]‹Überlegenheitdes›schwachen‹Geschlechts«(ebd.,104)erscheintangesichtsandererErgebnissezurmusikalischenSozialisationstarkverkürztundkannimZusammenhangmitderseitEndeder1990erJahreeinsetzendenDiskussionumJungenbenachteiligung(vgl.TeilIAbschnitt4.2)gesehenwerden.O’Neill(1997,49)analysiertverschiedeneältereStudienzurmusikalischenBega-bunginBezugaufGeschlechtsunterschiede.Siestelltdar,dasslediglichin»musicalachievement«(Leistung)einVorsprungderMädchenfestgestelltwurde,nichtaberin»musicalability«(Fähigkeiten).IneinigenTestserreichtensieauchbeider»ability«höhereWerte,wasvondenForschendendamiterklärtwurde,dassMädchenmehrÜbunghaben.HierwirderneutdieSchwierigkeitdeutlich,zwischenLeistungenundFähigkeitenzudifferenzierenundeinInstrumentariumzurMessungzuentwickeln.O’Neillverweistdarauf,dassauchandieserStelledieempirischeAbsicherungnichtausreichendunddieInterpretationspekulativist.Ichhabebereitserwähnt,dassHasslerhinsichtlichderkompositorischenundimprovisatorischenFähigkeitendenVersucheinesGeschlechtervergleichsunternom-menhat,derebenfallsinmethodischerHinsichtkritischzusehenist(vgl.TeilIAbschnitt2.2.4).SowirdbeiHasslerBegabungmitLeistunggleichgesetzt;sozialeUrsachenwerdenausgeklammert.DennochkanndervonihrgefundeneZusam-menhangzwischenAndrogynitätundKompositionstalentAnregungenfürweitereForschungliefern.