- 94 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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gekommen sind. Das ist die Zeit Joh. Seb. Bachs. Dieser Beitrag zur Erfassung der gewählten Motette ist in der Durchdringung der musikalischen Werkmittel gröber, als es bei Mersmann zu finden wäre. Er birgt dafür die Möglichkeit in sich, zusammenhängend gelesen und verstanden zu werden, wenn ein gewisses Maß musikalischer Bildung vorausgesetzt werden kann. Denn freilich, ohne musikalische Fachausdrücke ist nicht auszukommen, und das Sachliche kann nicht um einer Billigkeit willen vertan werden. Dieser Studie liegt eine Wahlfachübung in einer Pädagogischen Hochschule zugrunde.

Die Durchdringung der Musik auf ihren musikalisch-geistigen Gehalt hin ist in jedem Falle Aufgabe der Musikerziehung im Rahmen einer Pädagogischen Hochschule. Der Anspruch mag dabei schlicht und einfach sein wie beim Volkslied und beim Choral, oder vielschichtig wie etwa in der Motette "Jesu meine Freude" oder einem Werk irgendeiner Stilepoche. Der dem Studium gemäße Umgang mit Musik erstreckt sich gemeinhin über das Musizieren, über die Bemühung, die Werkmittel zu erkennen und zu systematisieren bis zu dem Versuch, die Gestalt zu erfassen. - Es scheint nicht möglich, in dieser Abhandlung den Reichtum von Bachs Motette voll auszuschöpfen und annähernd zu beschreiben. Es geht darum, einen Überblick zu gewinnen, Wesenszüge aufzuzeigen und auch darum, Gegenwartsbezüge herzustellen.

Bachs Motettenkompositionen

Am 18. Juli 1723 erklang - wahrscheinlich zum ersten Male - Bachs Motette "Jesu meine Freude". Der Anlaß ist ein Gedächtnisgottesdienst für die verstorbene Frau Oberpostmeister Kees. Ihrem Wunsche entsprechend predigt Superintendent Salomon Deyling über den Text Römer 8, Vers 11. Das fruchtbare Zusammenwirken von Theologen und Musiker findet sein Beispiel in diesem Werk, in dem Verse des Römerbriefes im Wechsel mit Choralstrophen von "Jesu meine Freude" die Komposition tragen. 1723 ist das Jahr, in dem Bach das Kantorenamt in Leipzig übernommen hat. Am Anfang seiner dort siebenundzwanzig Jahre währenden Tätigkeit steht dieses Zeugnis der Zusammenarbeit zwischen dem Geistlichen und dem Musiker. Das Ineinanderwirken von Salomon Deyling, der großen kirchlichen Autorität, und dem temperamentvollen Musiker erfuhr nie eine


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