aus Nullen und Einsen bestehend, hinter den Gedanken. Vielmehr ging es
um das Empfinden, durch das eine Vermittlung bzw. Transformation möglich
wurde.
Wassilij Kandinsky widmete sich schließlich Untersuchungen eines russischen
Mathematikers, der die zwei Stücke der oben erwähnten ›Années de pèlerinage‹ von
Franz Liszt – das erste (I. Sposalizio) angeregt durch ein Gemälde von Raffael und das
zweite (II. Il penseroso) durch eine Plastik Michelangelos – auf gleiche zahlenmäßig
fassbare Formeln zurückführt. Dabei ging Kandinsky davon aus, dass »wir in diesen
beiden Fällen [die beiden Stücke] die beiden Arten von Rechnen vor uns haben,
wenn man annehmen kann, daß die beiden Werke der bildenden Kunst direkt
errechnet waren: Das heißt mit Hilfe einer mathematischen Methode, so ist es
anderseits außer Zweifel, daß Liszt die beiden Formeln erraten hat – aus dem
Unterbewußten.«3
Bei Kandinsky kann man also erstmals von einer Art Hypermedia sprechen, denn er
geht davon aus, dass hinter den verschiedenen medialen Ausformungen von
Kunstwerken eine gleiche Struktur steht. Im Prinzip impliziert dieser Gedanke schon
den der ›abstrakten Kunst‹. Helga de La Motte schreibt hierzu: »Bei solchen
Übersetzungen4
Dieser Begriff stammt von Kandinsky selbst. Er meint damit nicht nur eine vage erlebte gleiche
Stimmung, sondern vielmehr eine berechenbare Strukturäquivalenz.
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existieren die verschiedenen Versionen gleichberechtigt nebeneinander. Diese Gleichberechtigung
macht deutlich, daß der Sinn einer Struktur eigentlich zwischen ihren materialiter je
verschiedenen Erscheinungen zum Ausdruck kommt. Intermedial könnte man solche Kunst auch
nennen.«5
Des Weiteren sind auch die ersten Versuche, Farbe, Licht und Ton zu
parallelisieren, in die späten 30er bzw. frühen 40er zu datieren. So experimentierte
z. B. Oskar Fischinger damit, aus grafischen Gestalten Töne zu gewinnen.
Dabei zeichnete er Sägezähne und Ornamente auf die Tonspur eines Films und
erzeugte so mit Hilfe einer analogen Übersetzung synthetische Töne. Helga
de la Motte nennt Fischingers Experimente sogar »Vorformen des Videoclips
[…], die bis zum heutigen Tage unerreichbar in der künstlerischen Qualität
sind.«6
Fischinger brach seine Versuche schnell ab, da sie ihm nicht den gewünschten Erfolg
lieferten. Dieser blieb auch anderen Versuchen, so z. B. der »töneneden Handschrift«
von Rudolf Pfenninger, verwehrt. Trotzdem griffen John und James Withney
Fischingers Idee der synthetischen Klangerzeugung aus Bildern mit ihren ›Five Film
Exercises‹7
Diese zählen zu den originellsten audiovisuellen Manifestationen, da sie das verwirklichen, was erst
Jahrzehnte später technisch möglich wurde.
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1943
wieder auf. Später setzte John Withney für seine Arbeit die ersten Computer ein. Seine Filme ›Matrix
I bis III‹8
Nicht zu verwechseln mit dem sehr bekannten Matrix-Film aus dem Jahr 1999 (Regie: Andy und
Larry Wachowski) mit Keanu Reeves in der Hauptrolle.
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gelten
als bedeutende Vorläufer der Computeranimation. Zu dem Film Matrix III, bei dem es sich um eine
einfache Filmschleife9
In dieser kreisen winzige, sich zu Dreiecken und Bändern verändernde Punkte, immer um die selbe
Matrix.
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handelt, deren Anfang und Ende identisch ist, hat Terry Riley eine ebenfalls auf
Schleifen basierende Musik komponiert. Allerdings stammt sie, da die Computer noch
nicht leistungsfähig genug waren, von Orchesterinstrumenten.
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