- 35 -Wollermann, Tobias: Musik und Medium 
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welches später durch Metall abgelöst wurde, bei dem aber immer noch alle nicht druckenden Partien aus der Platte geritzt werden mussten.

Das erste Werk Verovios ›Diletto Spirituale. Canzonette a tre et quattro voci composte da diversi eccmi Musici.‹ erschien am 10. November 1586. In seiner Dedication erwähnt Verovio, dass er das Werk selbst gestochen und gedruckt habe. Da er nicht von sich behauptet, der Erste gewesen zu sein, der mit diesem Verfahren gedruckt hat, ist davon auszugehen, dass er andere Werke kannte, die schon früher gestochen wurden. Als ältester überlieferter Notendruck, der mit diesem Verfahren hergestellt wurde, gilt die ›Intabolatura da leuto del divino Francesco da Milano novamente stampada‹ (Venedig, vor 1536).18

Duggan und Beer zufolge wurde Verovio durch einige niederländische Kupferstiche, auf denen ganze Partituren oder Stimmblätter abgebildet waren, angeregt. Er wendete diese Technik bis 1608 an und fand in Italien schnell Nachahmer, während in England und Frankreich noch einige Zeit verging, bis die ersten Werke mit der neuen Technik veröffentlicht wurden.

In England wurden die ersten Werke in den ersten beiden Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts veröffentlich. Im Jahre 1611 erschien in London das bekannte Werk ›Parthenia or the maydenhead of the first musicke that euer was printed for the Virginals‹, das von dem in London sehr bekannten Kupferstecher Hole gestochen wurde. Der Herausgeber Dr. Rimbault schreibt nach [Chrysander(1879), Sp. 226] im Vorwort: »Die Parthenia beansprucht auch noch den Verdienst, das erste musikalische Werk gewesen zu sein, welches von Kupferplatten gedruckt wurde, – ein Beispiel, welches in Sachen der Instrumentalmusik allgemein nachgeahmt wurde, sowohl in England, wie auf dem Continent.« Chrysander widerlegt diese Annahme im Folgenden: »Weil auf dem Continent damals nur Italien Drucke des Kupferstichs lieferte, müssen wir hiernach also annehmen, dass Hole’s Leistung dort sofort eifrige Nachahmung gefunden, während sie im eigenen Land lange Zeit einsam dastand – ein Verhältnis, welches sonst bei Erfindungen nicht einzutreten pflegt.« Im weiteren Verlauf des Textes argumentiert Chrysander mit den Notenschriften und stellt fest, dass Holes Notenschrift wohl kaum als Vorbild für die Italiener gedient haben kann: »Sie ist bei aller Zierlichkeit stümperhaft wie der Versuch von jemand, der sich bei jedem Buchstaben, bei jeder Note in eine fremde Schreib- und Stichart hinein zu arbeiten sucht, – während die italienischen Kupferstiche die natürliche Handschrift der Landsleute abspiegeln.« Und so kommt Chrysander schließlich zu dem Schluss: »Als Hole seinen ersten Musikstich unternahm, hatten die grossen englischen Musiker zurzeit der Königin Elisabeth schon längst italienische Musik in Kupferstich vor sich liegen«.

In Deutschland und Frankreich hingegen wurde der Kupferstich erst 1680 bzw. 1660 als Verfahren eingesetzt. In Amerika dauerte es noch ein ganzes Jahrhundert, bis dort die ersten Werke selbst veröffentlicht wurden. Zuvor importierte man allerdings bereits im Ausland hergestellte Stichplatten und nutzte diese zum Drucken. Allerdings schaffte es der Kupferdruck bis dato nicht, den Typendruck zu verdrängen.

In Frankreich besaß das Haus ›Ballard‹ (Paris) das Monopol zum Notendruck mit Hilfe des Typendruckverfahrens. Aus einem Verzeichnis der 19 Opernpartituren des französischen Komponisten Lully, welches 1721 in der erschienenen Partitur


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