- 37 -Wollermann, Tobias: Musik und Medium 
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»This beeing the first essay of published Church-Musick in England, after the manner of printing wherein this performance is done, it may not be improper to take notice of some of the advantages that may accrue to the science in general from this method of publishing the same, as also the benefit and ease that Performers in this way may receive, in order to their improvement in Musick, by having it laid before them in a complete and correct score.«

Eigentlich bezieht sich das Zitat nur auf den Notenstich im Gegensatz zum Typendruck. Dennoch gab es eine wesentliche Neuerung insofern, als dass Walsh die ›Anthems‹ von Dr. Croft nicht mehr auf Kupfer, sondern auf einer Mischung von Zinn und Blei – die im Englischen mit ›Pewter‹22

22Hader beschreibt die Zusammensetzung des Materials wie folgt: »eine weiße, weiche Metallegierung aus vier Teilen Zinn und einem Teil Blei, oder sechs Teilen Zinn und einem Teil Antimon, oder aus Zinn, Antimon, Wismut und Kupfer.« Vgl. [Hader(1948), S. 17–18].
bezeichnet wird – stechen ließ. Ersichtlich wird dies am Druck: »Derselbe ist zwar noch gänzlich mit freier Hand oder blossen Hülfsmitteln der Kupferstecher hergestellt, selbst die 1/4-Noten sind ohne Stempel gemacht: aber die Bewegung der Hand in diesen Noten, besonders in den Bogen und Balken, ist so, dass man auf ein weicheres Metall schliessen muss.«23
23[Chrysander(1879), Sp. 244].

Allerdings hat schon einige Monate vor Walsh, John Cluer Händels neu erschienene Oper ›Julius Cäsar‹ herausgegeben und verwendete dafür die neuen Platten. Er war also der erste, der auf neuem Material, den Pewterplatten druckte. Als er im Jahr 1729 starb, setzte seine Witwe noch kurze Zeit das Geschäft fort, überließ es dann aber John Walsh, der es ihr wahrscheinlich abkaufte.24

24Dies geht auf die Tatsache zurück, dass die Abdrücke der Opern Händels von Cluers Platten von 1730 an in Walshs Verlag erschienen sind.

Die eigentliche Errungenschaft, der Nutzen des neuen Materials geht aber nicht auf Cluer zurück.25

25Cluer druckte später doch wieder auf Kupferplatten.
Vielmehr ist sie John Walsh zu verdanken. Er führte nach 1730 in seinen Officin Stempel26
26Im Englischen spricht man hier von so genannten ›punches‹.
ein, die mit einem Hammer in die Platte geschlagen werden konnten. Auf diese Weise wurden Notenköpfe, Text, Instrumentenbezeichnungen, Vortragsbezeichnungen etc. nicht mehr gestochen sondern geschlagen. Alle restlichen Teile (Notenhälse, Fähnchen, Balken, Legatobögen etc.) wurden dann in einem zweiten Arbeitsschritt wie üblich in die Platte gestochen. Dadurch vereinheitlichte sich das Druckbild ungemein. Ein weiterer Vorteil der Methode bestand darin, dass die Arbeit an einem Werk nun an mehrere Stecher aufgeteilt werden konnte, da durch die Vereinheitlichung keine eigene Handschrift der Stecher mehr zu erkennen war. Eine schöne Übersicht über den Prozess der Entwicklung vom Kupferstich zum Pewterstich mit immer mehr Stempeln etc. findet man in Walsh’s Opern-Editionen ›Apollo’s Feast‹, die 1725–1740 in fünf Bänden erschien.

1750 verbreitete sich der Notendruck von England aus nach Frankreich und von dort dann später nach Deutschland, vor allem von Bonn aus nach Köln und später auch nach Leipzig.

Beeinträchtigt wird der Druck nur durch die Verwendung des Materials, da das weichere Zinn schon bei einer Auflage von etwas 100 Stück Risse bekommt, durch die der Druck an Schärfe einbüßt. 1865 wurde zum ersten Mal Zink als Rohstoff für die Platten benutzt. Dies hatte den Vorteil, dass die Platten ähnlich hart wie


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