epOs-Verlag

 
 

Jauk, Werner

pop/music + medien/kunst

Der musikalisierte Alltag der digital culture

 
epOs-Music, 504 Seiten, Gedruckt mit Unterstützung der Karl-Franzens-Universität Graz,
des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Abt. Wissenschaft
u. Forschung, des Kulturresorts der Stadt Graz
 
Osnabrücker Beiträge zur systematischen Musikwissenschaft, Bd. 15, hrsg. von Bernd Enders


 
Osnabrück 2009
ISBN 978-3-923486-17-5 (Buch)
ISBN 978-3-923486-18-2 (CD-ROM)

Printausgabe
39,90 €

CD-ROM
22,90 €


 

Digitale Kultur: Wie kommuniziert Ihr Computer?
09.01.2010 | 18:33 | von Julia Schöllauf (Die Presse)
Die digitale Kultur als musikalisierte Welt, die man nach dem Prinzip des Hörens statt Sehens wahrnimmt: Daran forschen Musikwissenschaftler in Graz.

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Ihr Computer spricht nicht mit Ihnen. Noch nicht, wenn es nach Werner Jauk vom Institut für Musikwissenschaft der Karl-Franzens-Universität Graz geht. Und bald soll auch noch mehr möglich sein als kommunikative Computer.


Im Mittelpunkt des Forscherinteresses steht der Zusammenhang zwischen moderner Kommunikation und Klang. Wir leben in einer zunehmend digitalisierten Welt, von der Jauk überzeugt ist, dass wir sie mit der Logik des Hörens wahrnehmen. Denn die visuellen Möglichkeiten sind eingeschränkt. „Wir schauen immer nach vorne“, erklärt der Forscher. „Wenn ich frage, wie der Raum hinten aussieht, dreht man sich um. Wenn ich frage, wie sich der Raum hinten anhört, hat man nicht das Bedürfnis, sich umzudrehen.“ Moderne Kommunikation mit digitalen Medien folge dem Prinzip des Hörens, weil diese Medien virtuelle Realitäten konstruieren, die visuell nicht zugänglich sind. Musik wiederum formalisiert das Hören – digitale Kultur ist also die musikalisierte Welt.
In diesem Feld forscht Jauk bereits seit Anfang der 1980er-Jahre. Im Rahmen der Plattform „grelle musik“ werden verschiedene experimentelle Projekte auf dem Gebiet der Musik und der bildenden Kunst verwirklicht. Das Attribut „grell“ versteht sich als eine Art Gegenpol von innen, als widerständiger Bereich. Jauk nennt es „Post-Punk“ – Punk wird hier nicht im sozialen Zusammenhang verstanden, sondern als Hochkultur, als Aushebeln von Machtstrukturen.

Computerkunst Musik. Das Ziel ist die intermediale Arbeit: Medienkunst wird zunächst meist als Teil der bildenden Künste gesehen. „Die erste Computerkunst war aber die Musik“, erklärt Jauk. Diese folgt einer mathematischen Logik und bildet die Wirklichkeit über Codes ab. Der Grenzbereich zwischen Kunst und Wissenschaft, in dem man sich hierbei bewegt, hat als zentralen Begriff die Wahrnehmung. Wissenschaft rekonstruiert die Wirklichkeit, die Kunst hingegen konstruiert und macht zugänglich, was mittels Technologie nicht wahrnehmbar ist. Beide, Kunst wie Wissenschaft, fungieren als „Interfaces“ (Schnittstellen) zwischen der Realität und ihrer Wahrnehmung.

Was auf den ersten Blick ziemlich abstrakt wirkt, steht stets in Zusammenhang mit dem Alltag. „Der musikalische Alltag der digital culture“ lautet denn auch der Untertitel des Buches „pop / musik + medien / kunst“ von Jauk (Hg. Bernd Enders, epOs).

Eine wesentliche Rolle spielt dabei immer der Ausdruck, wie beispielsweise beim aktuellen Projekt „Klang:Raum“. In einem Kugelraum, auch „Auditory Space“ genannt, wird mittels Ultraschalls ein dreidimensionales Bild der Bewegungen von Menschen in Echtzeit berechnet und hörbar gemacht. Es entsteht dabei das Gefühl, „auf den Klängen zu stehen“. So tritt der Mensch in Kommunikation mit Maschinen, was eine Form des Ausdrucks ist. Wichtig dabei ist, dass der Mensch von der Maschine erkannt wird, wie er ist. Deshalb funktioniert der Auditory Space nicht mechanisch, wie dies bereits 1915 von Fritz Lang praktiziert wurde, sondern hedonisch. Man verwendet adaptierbare, „intelligente“ Programme, die beobachten, von innen interpretieren und nachahmen. Was wie eine Spielerei wirkt, ist etwa in Bereichen öffentlicher Bewegung anwendbar.

Bewegung statt Maus. Auch die Kommunikation mit Computern soll künftig nicht mehr ausschließlich via Tastatur und Maus laufen, sondern intuitiv über Ausdrucksbewegungen funktionieren und so um eine emotionale Komponente erweitert werden. „Musizierendes Verhalten“ nennt Jauk dieses intuitive Handeln. „Zehn Prozent des Gesprochenen bestehen aus Information, 40 Prozent aus Tonfall, der Rest ist nonverbal. Warum soll man sich bei der Kommunikation mit Computern auf die zehn Prozent beschränken?“, so Jauk. Man wird sehen. Vielleicht gibt der Computer ja eines Tages klein bei, wenn man ihn anbrüllt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2010)

 

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