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die mit grünem Tuch ausgeschlagene Drehscheibe mit Nikkelrand und dem gleichfalls vernickelten Mittelzapfen, über den das Loch der Hartgummiplatte zu fügen war. Man bemerkte ferner, rechts seitwärts im Vordergrunde, eine uhrähnlich bezifferte Vorrichtung zur Regelung des Tempos, zur Linken den Hebel, mit dem das Drehwerk in Lauf zu setzen oder zu stoppen war; links hinten aber den gewunden keulenförmigen, in weichen Gelenken beweglichen Hohlarm aus Nickel, mit der flach-runden Schalldose an seinem Ende, deren Schraubwerk die ziehende Nadel zu tragen bestimmt war. Man öffnete auch die Flügel der vorderen Doppeltür und erblickte dahinter ein jalousieartiges Gefüge schräg stehender Leisten aus schwarz gebeiztem Holze - nichts weiter.

»Es ist das neueste Modell«, sagte der Hofrat, der mit eingetreten war. »Letzte Errungenschaft, Kinder, Ia, ff, was Besseres gibt es nicht in dem langer.« Er sprach das Wort urkomisch-unmöglich aus, wie etwa ein mindergebildeter Verkäufer es anpreisend getan haben würde. "Das ist kein Apparat und keine Maschine", fuhr er fort, indem er aus einem der auf dem Tischchen angeordneten buntfarbigen Blechbüchschen eine Nadel nahm und sie befestigte, »das ist ein Instrument, das ist eine Stradivarius, eine Guarneri, da herrschen Resonanz- und Schwingungsverhähnisse vom ausgepichtesten Raffinemang! >Polyhymnia< heißt die Marke, wie die Inschrift hier im inneren Deckel Sie lehrt. Deutsches Fabrikat, wissen Sie. Wir machen das mit Abstand am besten. Das treusinnig Musikalische in neuzeitlich-mechanischer Gestalt. Die deutsche Seele up to date. Da haben Sie die Literatur!< sagte er und wies auf ein Wandschränkchen, worin breitrückige Alben aufgereiht standen. »Ich übermache Ihnen den ganzen Zauber zu freier Lust, empfehle ihn aber dem Schutze des Publikums. Wollen wir mal probeweise eine erbrausen lassen?<

Die Kranken baten flehentlich darum, und Behrens zog eines der stumm-gehaltvollen Zauberbücher hervor, wandte die schweren Blätter, zog aus einer der Kartontaschen, deren kreisförmige Ausschnitte die farbigen Titel erkennen ließen, eine Platte und legte sie ein. Mit einem Handgriff gab er der Drehscheibe Strom, zögerte zwei Sekunden, bis ihr Lauf die volle Geschwindigkeit erreicht hatte, und setzte die feine Spitze des Stahlstiftes behutsam auf den Plattenrand. Ein leicht wetzendes Geräusch ward hörbar. Er senkte den Deckel darüber, und in demselben Augenblick brach durch die offene Flügeltür, zwischen den Spalten der Jalousie hervor, nein, aus dem ganzen Körper der Truhe Instrumentaltrubel, eine lustig lärmende und drängende Melodie, die ersten gliederwerfenden Takte einer Ouvertüre von Offenbach. Man lauschte mit offenen Mündern lächelnd. Man traute seinen Ohren nicht, wie überaus rein und natürlich die Koloraturen der


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