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die lieblich genug ins Ohr ging, und als er den Deckel schloß, zogen sie ab, flüchtig angeregt und schwatzend, in die Liegekur, zur Ruhe. Darauf hatte er gewartet Sie ließen hinter sich alles stehen und liegen wie es mochte, die offenen Nadelbüchschen und Albums, die zerstreuten Platten. Das sah ihnen ähnlich. Er tat, als schlösse er sich ihnen an, verließ aber heimlich ihren Zug auf der Treppe, kehrte in den Salon zurück, schloß alle Türen und blieb dort die halbe Nacht, tief beschäftigt.


Er machte sich mit der neuen Erwerbung vertraut, durchmusterte ungestört den beigestellten Vortragsschatz, den Inhalt der schweren Alben. Es waren deren zwölf, von zweierlei Größe, zu je zwölf Platten; und da viele der eng kreisförmig geritzten schwarzen Scheiben doppelseitig waren, nicht nur weil manches Stück auch die Kehrseite in Anspruch nahm, sondern auch weil einer ganzen Reihe von Tafeln zwei verschiedene Darbietungen eingeschrieben waren, so war das ein anfangs schwer übersichtliches, ,ja verwirrendes Eroberungsgebiet schöner Möglichkeiten. Er spielte wohl ein Viertelhundert, indem er sich, um nicht zu stören, in der Nacht nicht gehört zu werden, gewisser sacht ziehender Nadeln bediente, die den Klang verringerten, aber das war kaum der achte Teil dessen, was sich aller Enden lockend zum Versuche anbot. Für heute mußte es genug sein, die Titel zu überfliegen und nur dann und wann, stichprobeweise, ein Beispiel der stummen Zirkelgraphik dem Schreine einzuverleiben, um es zum Tönen zu bringen. Sie waren unterschieden durch das farbige Etikett ihres Zentrums, die Hartgummidisken, und durch nichts weiter, für das Auge. Eine sah aus wie die andere, ganz oder nicht ganz bis zur Mitte mit konzentrischen Kreisen dicht bedeckt; und doch barg ihr feines Liniengepräge die erdenklichste Musik, glücklichste Eingebungen aus allen Regionen der Kunst, in ausgesuchter Wiedergabe.

Es waren da eine Menge Ouvertüren und Einzelsätze aus der Welt der erhabenen Symphonik, gespielt von berühmten Orchestern, deren Leiter namhaft gemacht waren. Eine lange Reihe von Liedern sodann, vorgetragen zum Klavier, von Mitgliedern großer Opernhäuser, und zwar sowohl Lieder, die das hohe und bewußte Erzeugnis persönlicher Kunst waren, wie auch schlichte Volkslieder, wie dann endlich auch noch solche, die zwischen diesen beiden Gattungen gleichsam die Mitte hielten, insofern sie zwar Produkte geistiger Kunst, aber im Sinn und Geist des Volkes tiefecht und fromm empfunden und erfunden waren; künstliche Volkslieder, wenn man so sagen durfte, ohne durch das Wort »künstlich« ihrer Innigkeit zu nahe zu treten: eines zumal, las Hans Castorp von Kindesbeinen an gekannt hatte, zu dem er aber jetzt eine geheimnisvoll-beziehungsreiche Liebe faßte und von dem die Rede sein wird.

Was gab es noch, oder


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