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- 3 -  Theodor Fontane: Der Stechlin


,,Genauso hier", fuhr der Graf in seiner Erzählung fort. ,,Wrschowitz' Vater, ein kleiner Kapellmeister an der tschechisch-polnischen Grenze, war ein Niels-Gade-Schwärmer, woraufhin er seinen Jungen einfach Niels taufte. Das war nun wegen des Kontrastes schon gerade bedenklich genug. Aber das eigentlich Bedenkliche kam doch erst, als der allmählich ein scharfer Wagnerianer werdende Wrschowitz sich zum direkten Niels-Gade-Verächter ausbildete. Niels Gade war ihm der Inbegriff alles Trivialen und Unbedeutenden, und dazu kam noch, wie Amen in der Kirche, daß unser junger Freund, wenn er als ,Niels Wrschowitz' vorgestellt wurde, mit einer Art Sicherheit der Phrase begegnete: ,Niels? Ah, Niels. Ein schöner Name innerhalb unsrer musikalischen Welt. Und hocherfreulich, ihn hier zum zweiten Male vertreten zu sehen.' All das konnte der arme Kerl auf die Dauer nicht aushalten, und so kam er auf den Gedanken, den Vornamen auf seiner Karte durch einen Doktortitel wegzueskamotieren."

Woldemar nickte.

,,Jedenfalls, lieber Stechlin, ersehen Sie daraus zur Genüge, daß unser Wrschowitz' als richtiger Künstler, in die Gruppe gens irritabilis gehört' und wenn Armgard ihn vielleicht aufgefordert haben sollte, zum Tee zu bleiben, so bitt ich Sie herzlich, dieser Reizbarkeit eingedenk zu sein. Wenn irgend möglich, vermeiden Sie Beziehungen auf die ganze skandinavische Welt, besonders aber auf Dänemark direkt. Er wittert überall Verrat. Übrigens, wenn man auf seiner Hut ist, ist er ein feiner und gebildeter Mann. Ich hab ihn eigentlich gern, weil er anders ist wie andre."

Der alte Graf behielt recht mit seiner Vermutung: Armgard hatte den Doktor Wrschowitz aufgefordert zu bleiben, und als bald danach Jeserich eintrat, um den Grafen und Woldemar zum Tee zu bitten, fanden diese beim Eintritt in das Mittelzimmer nicht nur Armgard, sondern auch Wrschowitz vor, der, die Finger ineinandergefaltet, mitten in dem Salon stand und die an der Büfettwand hängenden Bilder mit jenem eigentümlichen Mischausdruck von aufrichtigem Gelangweiltsein und erkünsteltem Interesse musterte. Der Rittmeister hatte dem Grafen wieder seinen Arm geboten; Armgard ging auf Woldemar zu und sprach ihm ihre Freude aus, daß er gekommen; auch Melusine werde gewiß bald da sein; sie habe noch zuletzt gesagt:


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