Überblick zu diesen einzelnen Punkten bietet Jessica Merten in ihrer
Dissertation zum Thema Semantische Beschriftung im Film durch »autonome«
Musik.9
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Die Dissertation wurde 2001 im epOs-Verlag/Osnabrück veröffentlicht. Vgl.
(Merten, 2001, S. 43)
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Für das Komponieren einer ›stimmigen‹ Filmmusik gibt
Schneider einige Anhaltspunkte, die die Musikdramaturgie
betreffen:10
- Die emotionale Perspektive; Zuerst muss sich der Komponist für
diejenigen Filmfiguren entscheiden, denen Musik zugeordnet werden soll.
Leitfragen sind dabei: Wer hört jetzt diese Musik (in wessen Kopf spielt jetzt
diese Musik)? Welche Emotionen der Filmfigur soll an dieser Stelle durch die
Musik verdeutlicht werden?
- Das Klangmaterial oder die Musikinstrumente; Welcher Klang,
welches Instrument soll der betreffenden Filmfigur zugeordnet werden?
Schneider bevorzugt hier eine leitmotivische Bindung eines Instruments an
eine Figur.
- Der satztechnische Stil; Durch ihn wird der Filmmusik ein
unverwechselbares Profil, eine ›Handschrift‹ verliehen. Schneider selbst lehnt
ein Hin- und Herspringen zwischen verschiedenen Stilen ab, es sei denn, dass
›Riss‹ oder ›Brüchigkeit‹ selbst Thema des Films sind.
- Die Quantität von Filmmusik; Diese sollte nicht dem Zufall überlassen
werden. Eine Grundsatzentscheidung hierfür ist, ob der Film eher musiklastig
sein soll oder eher trocken, bildbetont oder beobachtend. Im Durchschnitt
beträgt der Anteil der Musik an der Filmlänge ca. 25% - 50%.
- Das Beginnen und Enden eines Musiktakes; Filmmusikeinsätze sind
meist gekoppelt an neue Räumlichkeiten, neue Personen, neue Stimmungen,
neue Kameraeinstellungen oder neue Handlungsstränge. Die Musik kann so
gliedern, Zusammenhänge herstellen, Akzentuieren usw.
- Die Funktionen der Filmmusik; Wichtig ist hier, dass Musik gleichzeitig
verschiedene Funktionen erfüllen kann.11
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Vgl. dazu Kapitel 2.1.3
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- Großformale Gestaltungsprinzipien; Sie sind für Schneider keine
Bedingung für gute Filmmusik, wirken jedoch sehr schlüssig bei Filmen, die
sich der »Filmkunst« verschrieben haben. Er unterscheidet hier zwischen
Crescendoform, Bogenform und Reihungsform.
Anzumerken sei an dieser Stelle, dass musikdramaturgische Überlegungen nicht
generalisiert werden können, da es sich bei jedem Film um ein individuelles
Werk handelt. Fragen der Musikdramaturgie stellen sich bei jedem Film neu
und hängen von seiner spezifischen Form-Inhalt-Problematik ab. Genau diesen
Überlegungen soll in der Analyse der einzelnen Filme (vgl. Kapitel 4) nachgegangen
werden.
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