- 26 -Behrendt, Frauke: Handymusik 
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Handymusik verweisen mit ihrem Gebrauch des Telefons für musikalische Zwecke auf diese Gründertage des Mediums Telefon.

5.2.2.  Telharmonium

Das Telharmonium, von Thaddeus Cahill um 1900 erfunden, war eines der ersten elektronischen Instrumente überhaupt und funktionierte – wie der Name bereits andeutet – nur in Kombination mit dem Telefon. Das Instrument, das Anfangs auch unter der Bezeichnung Dynamophone bekannt war, hatte unglaubliche Ausmaße und benötigte erstaunlichen technischen Aufwand: Es wog 200 Tonnen und brauchte bis zu 35 dampfgetriebene Stromerzeuger, die insgesamt 10.000 Watt produzierten. Jeder dieser Generatoren erzeugte eine Sinusschwingung, die Klänge des Telharmoniums wurden durch deren Addition über Bedienelemente aus Tastaturen und Schaltern erzeugt. Vorraussetzung für den Bau des Gerätes waren drei technische Entwicklungen beziehungsweise physikalische Entdeckungen: Erstens die von Helmholz 1863 gezeigte Addition von Sinusschwingungen zur Erzeugung komplexer Töne; zweitens der von Faraday 1831 erdachte elektronische Generator, um diese sinusförmigen Wechselströme zu erzeugen; und drittens die Erfindung des Telefons im Jahr 1876. Das Telefon wurde benötigt, da es zu dieser Zeit noch keine elektronischen Verstärker gab (Die Elektronenröhre wurde erst 50 Jahre später von Robert von Lieben und Lee de Forest erfunden), und demzufolge auch noch kein Radio. Um die Klänge des Gerätes überhaupt verstärken und hörbar machen zu können, musste also das öffentliche Telefonnetz genutzt werden. Das öffentliche Echo nach den ersten Konzerten (um 1900 in Washington) war positiv und verschaffte dem Konstrukteur Investoren für den Bau eines weiteren Telharmoniums. Auch das Abo-Modell, das eingeführt wurde war zunächst ein großer Erfolg. Für zahlende Zuhörer am Telefon wurde populäre Klassik gespielt. Es war sogar geplant die Darbietungen auf vier Programme für unterschiedlichen Musikgeschmack auszudehnen. Aber nach und nach zeigten sich die technischen und rechtlichen Probleme dieses Projekts, was das Interesse daran rapide sinken ließ. Das größte Problem war, dass durch die Telefonübertragung Gespräche gestört wurden, obwohl durch die riesigen Generatoren versucht wurde, die Spannungsverluste im öffentlichen Telefonnetz auszugleichen. Und als dies einem maßgeblichen Investor selbst passierte, kamen noch finanzielle Probleme hinzu. Nicht unschuldig am Niedergang des Instruments war wohl auch, dass der Klang des Telharmoniums nach einiger Zeit recht nervig gewesen sein soll, weshalb viele Abonnenten wieder absprangen, nachdem der Reiz des Neuen weg war. So war die Zeit des Telharmoniums im Jahr 1911 mehr oder weniger abgelaufen.19

19
Vgl. Supper, Martin: Elektroakustische Musik und Computermusik. Stuttgart, 1998, S. 11 und Ruschkowski 1998, S. 18 ff.
Das Telharmonium zeigte gleich in der Frühzeit des Telefons, wie sich über dieses Medium Musik verbreiten lässt und damit Geld verdient werden kann – so wie es heute wieder mit der Distribution von Klingeltönen zu beobachten ist.


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