- 42 -Behrendt, Frauke: Handymusik 
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Abb. 5.11: Teilnehmer bei der Vernissage von Wählt die Signale!


des Telefons, entsprechend den Knöpfen des Radios bei Adorno. Das Radiokonzert entsteht erst durch die Teilnahme der Hörer, die Radio und Telefon gleichzeitig nutzen. Das Konzert soll widerspiegeln in welcher Situation sie sich befinden: jeder sitzt vor seinem Radio, verstreut in der gesamten Stadt. Sie wissen nichts von den anderen und deren Situation, gleichzeitig hören sie aber im Radio das Ergebnis der gemeinsamen Aktion, durch die sie miteinander verbunden sind. Eine Koordination oder Absprache mit den anderen Teilnehmern ist nicht möglich. Diese Situation mit dem »Radio als Distributionsapparat« wird bei Wählt die Signale! »kompositorisch hörbar« gemacht. Frahm, Hüners und Michaelsen haben während des Konzerts die Kontrolle abgegeben, die Hörer sind verantwortlich für das was (im vorgegebenen Rahmen des Werks) passiert. Dadurch öffnet sich ein sozialer Raum. Es wird immer wieder betont, dass nicht vorhergesehen werden kann, was während des Konzerts geschieht, dass eine neuartige Situation entsteht.

Die durch die Technik zwingend entstehenden Verzögerungen – zwischen dem Wählen der Nummer und dem Hören des entsprechenden Klingeltones im Radio sowie der Visualisierung auf der Internetseite – werden in die Ästhetik des Werks mit einbezogen. Denn diese Verzögerungen steigern den Moment des Zufalls, die Teilnehmenden haben keine genaue Kontrolle über das was passiert, und besonders über das was in der Kommunikation mit den anderen geschieht. In den Zeiten, in denen viele Menschen gleichzeitig ›musizierten‹, war es nicht mehr möglich zuzuordnen, welchen der Töne man selbst durch seinen Anruf ausgelöst hatte. Die Assoziationen, der Klang, die Gemeinschaft änderten sich ständig: »Die Verantwortung für unkalkulierbare Effekte ist eine Allegorie der Handlungsfähigkeit von Kollektiven.« Das zeigt ein sich durch das gesamte Werk ziehendes Motiv: Der Einzelne und das Kollektiv und wie das Radio mit beiden arbeiten kann.


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