verlaufender Rucksackriemen oder einfach in die
Hemdtasche. Heute ist das Handy meist so klein und selbstverständlich, dass es in der
Hosentasche getragen wird. Das Mobiltelefon ist zwar bereits fast unsichtbar, gleichzeitig
ist es aber ein wichtiges Statussymbol. Seine Sichtbarkeit ist wichtig, weil die jeweils
neueste Technik einen hohen Prestigewert besitzt. Hier ist ein Widerspruch zwischen
dem Wunsch nach immer unsichtbarerer Technik und dem sozio-ökonomischen
Distinktionsstreben zu beobachten: eine Ambivalenz zwischen dem Zurschaustellen des
Handys als Statussymbol, als technischem Fetisch und der fortschreitenden
Unsichtbarwerdung der Technik.
Bisher hat es erst ein Gerät geschafft, uns so nahe zu kommen wie das
Mobiltelefon: die Uhr. Vom Kirchturm herab hatte sie ihren Platz zunächst
(angekettet) in der Tasche des Besitzers, um dann direkt auf die Haut, an das
Handgelenk116
zu rücken.117
Die Zeit ist uns also immer näher gerückt, von der Kirchtürmen an die Wände unserer Häuser,
in unsere Taschen und schließlich direkt auf die Haut unserer Arme, die Zeit ist uns in den
Körper eingeschrieben worden. Diese Funktion wurde vom Mobiltelefon assimiliert. Jetzt
rückt uns die Telekommunikation zu Leibe, nach der Zeit wird uns der überwundene Raum
in den Körper folgen.
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Die zunächst mechanische Uhr wurde im Laufe der Jahrzehnte immer weiter
entwickelt, wurde (zum Teil) digital und konnte Zusatzfunktionen aufnehmen (zum
Beispiel Taschenrechner, Digitalkamera, PDA). Noch immer wird der – wie ich
denke durch das Handy überholte – Traum einer omnipotenten, einer Dick
Tracy118
Der von Chester Gould in 1946 zum ersten mal gezeichnete Comicheld Dick Tracy trug ein
zweikanaliges Videotelefon an seinem Handgelenk. Vgl. McHugh, Josh: Wrist-Top Revolution.
in: wired 04.2003, S. 96 ff.
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-Uhr
geträumt. Digitalkameras werden in den Zeitmesser
integriert,119
ganze PALMs120
wandern ans Handgelenk, und es gab auch schon Versuche das Handy von der
Uhr assimilieren zu lassen, ganz im Sinne des genannten Comichelden. Es ist
anzunehmen, dass die Entwicklung genau andersrum verlaufen wird und vielmehr
das Mobiltelefon die Armbanduhr verschwinden lässt, denn wenn man sich
unter jüngeren Leuten umschaut, sieht man fast niemanden mehr eine solche
tragen.121
Fragt man nach der Uhrzeit wir das Handy gezückt: wir erleben eine
Renaissance der Taschenuhr. Auch Burkart nennt die Uhr als Vorläufer in der
Tradition des Handys. In Anlehnung an Attali stellt er fest, dass »objects
nomads«122
Attali, Jacques, zitiert in: Burkart 2002, S.157
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entstehen, weil sich Individualität und Mobilität gegenseitig steigern. Diese
nomadischen Objekte fusionieren immer mehr mit unserem Körper, »angefangen
vom Automobil, über Armbanduhr, Transistorradio und Walkman bis zum
Körperhandy.«123
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