- 73 -Behrendt, Frauke: Handymusik 
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verbunden werden, sich auf bisher nicht gekannte Art überlagern. Der Datenraum ist nicht länger abgekoppelt vom realen Raum.

These 3: Handymusik gibt Hinweise auf gesellschaftliche Veränderung

Das Handy ist bereits so sehr in den Alltag integriert, dass die sozialen und kulturellen Veränderungen, die es auslöst, meist unbemerkt bleiben. Musiker und Künstler lenken unsere Aufmerksamkeit auf diese Entwicklungen. In der Handymusik wird die Verschiebung von öffentlichen und privaten Räumen durchgehend thematisiert. Ein weiterer wichtiger Topos der Handymusik ist das Spannungsverhältnis zwischen zunehmender Individualisierung durch und wegen des Handys auf der einen Seite und dem Wunsch nach Identifikation mit einem Kollektiv auf der anderen Seite. Das Individualkommunikationsgerät Handy bringt neuartige Formen gemeinschaftlichen Handelns hervor. Außerdem zeigt das Mobiltelefon, wie nah die Technologie dem Menschen bereits gerückt ist, und wie sehr sie in seinen Körper bereits integriert ist. Jugendliche beginnen beispielsweise, abgerichtet durch das dauernde SMS-Schreiben, mit dem Daumen statt mit dem Zeigefinger auf Dinge zu deuten oder zu klingeln. Das Handy zeigt wie Technologie dem Menschen zunehmend in den Körper eingeschrieben ist. Kritisch anzumerken ist, dass Handymusik und Handykunst die mögliche und praktizierte – und von anderen gesellschaftlichen Gruppen durchaus diskutierte – Überwachung durch das Mobiltelefon nicht thematisieren.

These 4: Das Handy hat das Potential die Produktion und Distribution von Musik zu verändern

Es ist davon auszugehen, dass die zunehmende Verbreitung des Mobiltelefons viele spannende Entwicklungen mit sich bringen wird, gerade in Ländern, in denen weder Computer, noch Internet üblich sind. Das Handy wird zunehmend genutzt werden um Musik zu produzieren und zu vertreiben. Länder und Gesellschaftsschichten, die bisher weder Zugang zur Produktion noch zur Distribution von Elektronischer Musik hatten, haben jetzt zum ersten Mal massenhaft Zugang zu einem Gerät, dass beides leisten kann: dem Handy. Die Produktion und Distribution von Musik hat sich durch den Computer und das Internet im letzten Jahrzehnt vom Studio an den privaten PC verlagert. Es ist anzunehmen, dass sich durch die Verbreitung des Handys sowohl die Produktion als auch die Distribution von Musik ein weiteres mal verlegen wird: vom Schreibtisch auf die Straße. Eine Vision für die Zukunft könnten Straßenmusiker in einem entlegenen Teil der Welt sein, von denen einer ›rapt‹, einer Gitarre spielt und einer Schlagzeug und Bass mit dem Handy live produziert. Das ganze wird inklusive der Umgebungsgeräusche live per Handy übertragen oder mit dem Mobiltelefon mitgeschnitten, bearbeitet und in einem P2P-Netzwerk zur Verfügung gestellt.


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