3. Probleme der technischen und logischen Kompatibilität
Es werden bereits Befürchtungen laut, daß die schnelle technische Weiterentwicklung
dazu führt, daß ältere Speichermedien, also auch digitale, später nicht mehr lesbar sind.
Das ist nicht abwegig, schon jetzt gibt es in den großen Archiven zahlreiche Probleme
mit den vielen Formaten, die z. T. veraltet sind und technisch nicht mehr unterstützt
werden.
Nehmen wir als Beispiel nur die zahlreichen Videoformate, die entweder wie Betamax
nur professionell oder wie VHS und 8mm eher im Homebereich eingesetzt werden und
die zur Zeit durch (natürlich unterschiedliche) digitale Systeme ersetzt werden, andere
wie VCR oder Video 2000 gibt es schon länger nicht mehr. Ähnliche Beispiele ließen sich
für Tonband, Film, aber auch Computerdisketten usw. zuhauf anführen. Und
nicht jedes dieser Systeme läßt sich später so leicht abtasten wie die gute alte
Schellackplatte.
4. Akzeptanzprobleme
Angesichts der zahlreichen Vorteile und Zukunftsträchtigkeit der digitalen Publikation
und multimedialen Archive stellt sich trotz der letztlich nicht ausschlaggebenden
technischen Probleme die Frage, warum sich der Übergang von analogen ins digitale
Medium sich nicht rascher vollzieht. Die vielleicht größte Hürde auf dem Weg
zur digitalen Bibliothek ist vermutlich in der zögerlichen Akzeptanz durch die
Wissenschaftler zu suchen.
Noch ist die Veröffentlichung in einer angesehenen Fachzeitschrift oder bei einem
wichtigen Fachverlag essentiell wichtig für die wissenschaftliche Karriere, für die
Resonanz auf Forschungsergebnisse und auch für das Ego, das die körperlich fühl- und
sichtbare Reihe der Buchrücken selbst verfaßter Werke der immateriellen Existenz
elektronischer Dateien immer noch vorzieht.
Dennoch kann fraglos davon ausgegangen werden, daß aufgrund zahlreicher
Vorteile des elektronisch basierten Publikationswesens, u. a. vor allem wegen der
besseren und preiswerteren Distributions- und Recherchemöglichkeiten im globalen
Wissensverbund, zumindest im Bereich der wissenschaftlichen Informations- und
Kommunikationssysteme die elektronische Bibliothek und Mediothek dramatisch
an Bedeutung gewinnen und möglicherweise auch herkömmliche Formen der
Wissensspeicherung, -vermittlung und -verwertung in größerem Umfange auch
verdrängen wird.
Schlußüberlegungen
Inwieweit Bibliotheken oder Verlage in Zukunft noch eine Rolle in der
Informationsgesellschaft spielen, hängt vor allem von dem Knowhow und der
Serviceleistung ab, die sie erbringen, weniger von dem Buch, das sie archivieren oder
verkaufen. Die Software, also die Inhalte, werden letztlich immer von den Autoren, hier:
den Wissenschaftlern, produziert; die Hardware als Träger der Information, also das
Buch oder auch andere Medien, werden in vieler Hinsicht ihre zentrale Funktion
verlieren.