- 14 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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Global . . .  was ist heute nicht global? Der Arbeitsmarkt, die Industrie, die Dienstleistungen, die Kommunikation, der Urlaub . . .  alles ist global. Globalisierung ist ein derart dominantes Schlagwort, daß es schwierig wird, dazu den nötigen Objektivität erlaubenden Abstand zu gewinnen. Auffallend ist, daß der Begriff überwiegend in wirtschaftlich-technologischen Zusammenhängen Verwendung findet (wobei Urlaub im Sinne des Massen-Ferntourismus hier durchaus dazu zählt). Da gibt es zwar auch die Musikläden mit dem Titel „WOM – World Of Music“ und mittlerweile mehrere Musiclabels mit Titeln wie „Weltmusik“ und ähnlichem, aber gemeint damit ist primär auch wiederum die konsumentenfreundliche Tatsache, daß Musik aus aller Welt hier eingekauft werden kann. „Global music“ kann damit wohl nicht gemeint sein.

Fragen wir von der anderen Seite: gibt es noch Bereiche, die nicht global sind? Also etwas wie z. B. lokale Musik, wie es hier im Kollegenkreis als Antithese vorgeschlagen wurde; oder regionale, nationale, kontinentale Musik? Welchen Sinn macht die Verwendung solcher topographischer Umgrenzungen überhaupt?

Lokale Musik“ zum Beispiel – was ist das? Selbst in dem kleinsten Village, dem kleinsten Dorf Baden-Württembergs z. B. mit 300 Einwohnern finden wir Liebhaber ganz unterschiedlicher Musikrichtungen wie traditionelle Blasmusik einerseits und Techno andererseits, oder Volkslied und Schlagerschnulze, welche die Musiken der jeweils anderen für kitschig, altmodisch etc. oder andersherum für dekadent, obszön und unerträglich halten. Was wäre hier die Definition „lokaler“ Musik?

Auf der Ebene von regionaler Begrifflichkeit stellt sich das gleiche Problem ebenso wie auf nationaler. Natürlich lassen sich jeweils für einzelne Musikrichtungen regionale, zum Teil auch nationale Kriterien aufstellen und verifizieren. So kann man im Bereich von Folklore durchaus von regionalen Musikstilen sprechen; auf der Ebene der westlichen Kunstmusik lassen sich, allerdings cum grano salis, gewisse nationale Idiome hypothetisieren. Ich bin allerdings der Ansicht, daß diese Zuweisungen – etwa im Stile von: der französische Impressionismus – viel zu verkürzt sind, um einem Phänomen wie dem Impressionismus oder anderen gerecht zu werden.

Von den drei Schlagwörtern des Themas ist „Global Village“ das älteste, griffig formuliert in den 60er Jahren vor allem in den populären Thesen MacLuhans. Gemeint war damals das Phänomen, daß durch die Massenmedien – 1960 bezog sich das auf Telefon, Rundfunk und auf das entstehende kommerzielle Fernsehen – potentiell das Geschehen der ganzen Welt jedem Empfänger so nahe gebracht werden konnte, als wenn es vor der Haustüre geschähe – daher also die Welt als ein globales Dorf. Das Schlagwort vom „Global Brain“ wurde zwar ebenfalls bereits von MacLuhan verwendet, hat aber erst in den letzten Jahren im Zusammenhang von Internet und WorldWideWeb auch außerhalb einer engeren Informatikergemeinde den Status eines Schlagworts erreicht. In jüngster Zeit erschienen mehrere Bücher, die sich mit diesem Thema beschäftigen, am provozierendsten vielleicht Howard Bloom mit seiner These eines „sozialen“ Global Brains. Am wenigsten den Status eines Schlagworts hat sicher „Global Music“ – vielleicht auch deswegen, weil Musik in einer zunehmend technisch, und im ästhetischen Bereich zunehmend visuell orientierten Welt einfach nicht so wichtig ist, zumindest vordergründig. Genauer betrachtet, ist Musik auch da und dann, wenn sie von visuellen Medien schein-


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