- 321 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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ist nämlich der ungespielte Ton, der Unterton, die Atmosphäre, das persönliche Engagement, auf das sich das Stück letztenendes stützt.

In einer Klangkomposition (Soundscape Composition) ist es gerade der Kontext, der vom Komponisten erhalten, erweitert und vertieft wird. Vergangene Erfahrungen, Zusammenhänge und Arten der Klangwahrnehmung werden von der Komponistin hervorgestellt und in die Kompositionsstrategie mit eingewoben.

Ein Moment Stille

Das letzte Beispiel, das ich hier vorstellen möchte, basiert auf Klängen aus Indien. Als besuchende Komponistin habe ich dort Aufnahmen gemacht und dann versucht, durch Komposition meine Eindrücke, mein Erleben dieses Landes auf eine ganz persönliche Art weiterzugeben. Nach wiederholtem Anhören und Bearbeiten der indischen Klangaufnahmen wurde unerwarteterweise eine Fahrradklingel das Grundmaterial und das klangliche Symbol für das farbenreiche, glitzernde, helle, lebhafte, attraktive Indien und die Hupe einer Vespa das des schwierigen, hindernisreichen, schmutzigen, finsteren Indiens. Andere Klänge symbolisierten den Kontrast zwischen dem extrem geschäftigen äußeren Leben und einer tiefen inneren Ruhe – ein Kontrast, der in Indien immer parallel zu spüren ist. In den folgenden Klangbeispielen sind die Fahrradklingel und die Vespahupe beide im Getriebe einer Straße zu hören.

Klangbeispiel: Straße in der Nähe eines Marktes,
mit Marktstimmen im Hintergrund.

Die klangliche Bearbeitung der Fahrradklingel hat Klänge wie von Glocken verschiedener Größen erzeugt, als sie auf mehrere Oktaven verlangsamt und dann in einer Art Akkord zusammen gemischt wurden.

Klangbeispiel: Fahrradklingel verlangsamt.

Das Verschnellern der Fahrradklingel und das vielfältige Mischen und Überlagern dieser Klänge hat eine Art schimmernden, innerlich farbenreichen Klangteppich produziert, der sich von den tieferen, warmen Farbtönen der verlangsamten Klingel sehr unterscheiden.

Klangbeispiel: Fahrradklingel verschnellert.

Da ich mit Klängen einer mir ziemlich fremden Kultur arbeitete, tauchte eine Frage während des Komponierens immer wieder auf: inwiefern lasse ich die Klänge Indiens für sich selber sprechen und inwiefern bringe ich meine eigenen musikalischen, kulturellen Vorurteile und Gewohnheiten dazu? Ich versuchte eine Balance zu finden, die es dem Zuhörer erlaubt, sowohl einen Klangeindruck von Indien zu bekommen als auch ein Gefühl dafür, daß diese Komposition nur ein Einblick eines besuchendes Ohres sein kann. Daher der Titel Gently Penetrating Beneath the Sounding Surfaces of Another Place.

Klangbeispiel: Gently Penetrating ...
(Auszug vom Anfang des Stückes, wo die Fahrradklingel und die Vespahupe im Original sowie in ihren veränderten Formen erscheinen)


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