gemeinsam
begännen und gemeinsam zu ihrem Ende führten. Damit Anfang und Ende
auch klar definiert wären und Klangverhältnisse in der dazwischen liegenden
Zeit sich nach vorab verabredeten Höhen und Tiefen fügten, bedürfte es einer
zentralen, kommandogebenden Instanz: den im Konzertbetrieb Taktstock führenden
Dirigenten. So wären alle Blicke auf jenen Ort gerichtet, von dem aus eine
Musikvorstellung entworfen wäre und von wo sie ihren Beginn nähme. Die Zukunft
des interaktiven Musizierens allerdings dürfte hier nicht zu verorten sein, da
eine solche Form der Musikdarbietung große Probleme aufwirft, die in der Zeit
beanspruchenden Natur der Sache liegen. Eine Aktion eines Dirigenten würde
eine zeitlich versetzte Reaktion von Musizierenden bedingen, je nach dem, wo
sie in der Welt auf Kommandos warten: es wäre also eine Frage, ob sie dem
Dirigenten nahe- oder fernstünden. Um diesen Zeitenfluss einer räumlichen
Übertragung aufeinander abzustimmen, bedürfte es genauester Absprachen,
damit ein geplanter Zusammenklang auch gleichzeitig klingt und nicht in eine –
in lose Einzeltöne – zerlegte Klangfolge zerfällt. Der hierbei zu betreibende
Aufwand, um das geplante Ergebnis wunschgemäß ausfallen zu lassen, ist relativ
groß.2
Interaktive Konzerte dieser Art erinnern an McLuhan, der einst sagte, dass ein Medium immer ein anderes Medium zum Inhalt habe und damit meinte, dass das Neue sich zunächst an den Gebrauchsnormen überkommener Mediengebote orientiere, bevor es im Gebrauch schließlich neue Normen etabliere. Das Neue wird also zunächst ganz im Sinne des Alten genutzt. So wie der Film sich in seinen Anfangstagen am tradierten Medium Theater orientierte und die ersten Filme an abgefilmte Theaterstücke mit langen Einstellungen erinnerten, bevor das neue Medium die ihm gemäßen Optionen Schnitt und Trick mitteilte, so orientiert sich – wie auch anders – die globale Musikaufführung zunächst an der tradierten mit der zentralen Instanz des Dirigenten, der Führungsarbeit leistet bei Musikdarbietungen. Mithin scheint sich nun eine neue Form des Musizierens im Netz abzuzeichnen, die sich an der Netzstruktur orientiert und zentrumslos operiert. Es handelt sich dabei um ein musikalisches Spiel, bei dem Musiker sich an Knotenpunkten respektive Webadressen treffen, gestaltend für den Moment sich einbringen, und schließlich, sobald sich Lustlosigkeit einstellt, weiterflanieren, ohne dass die Netzmusik davon wesentlich in ihrem tendenziellen Sein gestört würde. Die Brain-Opera am MIT bietet ein frühes Beispiel solch interaktiver Kunst, ist aber ohne wirklich große Breitenwirkung geblieben. Interessanter scheint hier schon ein anderes Projekt zu sein, das gleichsam zum gemeinsamen Musizieren auffordert. Gemeint ist das hinter der Webseite von http://www.resrocket.com sich verbergende Programm zum interaktiven Musizieren.
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