Vom Musiker zum ‘Global-Player’

Die Zeitschrift Keyboards schreibt: „ResRocket ist prinzipiell nichts anderes als die bytegewordene Realisation der alten Idee, sich weltumspannend mit anderen Musikern zu treffen, zusammen Songs zu entwickeln oder einfach Spaß zu haben.“³

Und so funktioniert das Ganze. Nach dem Einloggen wird eine Session ausgewählt, und der Musikant kann sich – wie auf dem heimischen Sequencerprogramm – ansehen und -hören, woran andere gerade basteln. Er kann eigene Ideen über sein MIDI-Equipment einspielen, kann Sessions auf seinen Rechner herunterladen, um in Ruhe arbeiten zu können. Ist man mit dem Ergebnis zufrieden, kann es anderen zur Weitergestaltung zur Verfügung gestellt werden. So bietet dieser Knotenpunkt im Netz die Möglichkeit, dass Musiker aus aller Welt, mögen sie musikalische Anfänger oder Profis sein, sich zusammenfinden und austauschen. Ein wesentlicher Unterschied zu vorangegangenen Projekten ähnlicher Art nunmehr ist, dass dieses Projekt auch ein breites Publikum erreichen kann, da die Softwarefirma Steinberg diese Idee unterstützt, und das Programm modular in ihre populäre Sequencer-Plattform Cubase einzubinden trachtet, sodass aus Cubase heraus in die musikalische Netzwelt verschaltet werden kann.

Nennen wie diesen neuen Typ eines Musikanten ‚global-player‘. Wer sich an diesem Knotenpunkt einfindet, kann mitmischen und fühlt sich sofort verstanden, sofern nur der Anschluss getätigt wird. Abschied zu nehmen ist dabei fraglos vom Gedanken des Musik- oder Werkstückes, – da dieses ja ein Ende suggeriert, nunmehr aber sich ständig neue Anschlüsse begeben können! So verlieren musikalische Formen ihre Selbstverständlichkeit, indem sie im Lichte des anderen und mit dem anderen zum gemeinschaftlichen Netzwerk verwoben erscheinen. Wir kommen darauf zurück.

Die Netzmusik ist im Grunde nicht nur das Ergebnis zusammengeschlossener ‚global-players‘, sondern sieht sich implizit verknüpft zu den vielen anderen Webknotenpunkten, die potentiell einzubindende Midi- & Audio-Files von Fremdinterpreten wie Komponisten zur Verfügung stellen. Auch Resrocket.com vermag neuerdings Audio-Files zu verarbeiten und ist damit umfangreich verwoben mit einer Vielfalt von potentiellen Datenlieferanten. Damit nun Audio-Files überhaupt in einer vertretbaren Zeit geladen und verarbeitet werden können, liegen solche heute im Netz in der Regel datenreduziert als MP3-Files vor. Jene Adressen, die MP3-Files verwalten, haben es nunmehr zu einiger Berühmtheit gebracht, da sie in der Regel sich wenig um Autorenrechte scheren und ungefragt anbieten, was ihnen anzubieten nur in den Sinn kommt.

So lässt sich grundsätzlich festhalten: Der Gedanke des Werkes wie auch der des Komponisten werden brüchig und die ausschließliche Autorität des einen wie anderen infragegestellt und vielleicht sogar aufgelöst in diesem Spiel der nicht festgesetzten Formen, bei dem von Anfang und Ende nicht recht zu sprechen ist, da eine Musikwerdung im Gegenwärtigen freigesetzt ist, die sich selbst unermüdlich fortschreibt und bei der ein jedes Ende prinzipiell nur zum vorläufigen gerinnt. Sie entfaltet sich in der erlebnisreichen Unmittelbarkeit, von Augenblick zu Augenblick voranschreitend, und schöpft aus dem, was ihr zu verarbeiten nur zugeführt wird,