ohne
um Erlaubnis bei möglichen Rechteinhabern nachzufragen. So entwirft sich eine
selbstorgansisierende Kunst, die in jedem Moment eine andere spannende wie
ereignisreiche, weil unwahrscheinliche Wendung nehmen kann. Man kann von einer
theoriefreien Musik sprechen, denn explizite Regelungen zur Formgestaltung
sind nicht vorgesehen. Sie folgt weniger Regeln, als dass sie ihre Regeln im
experimentellen Spiel schafft wie zugleich widerlegt. Eine jede sich abzeichnende
Regelung erscheint durch einen bezeichnenden Unterschied von anderer Seite
in der Auflösung und erweist sich so als vorübergehender Trugschluss. Das
Spiel ähnelt so einer Entdeckungsreise mit ungewissem Ausgang. Man lässt sich
treiben, solange es nur Spaß macht und schreitet ein, wo es einem nur Sinn
macht.
Die Kompetenz für dieses Spiel der losen Netzwerk-Kopplungen erwirbt man zuvorderst durch ein aufmerksames Beobachten. Die ersten Schritte im Netz sind ohnehin zunächst einmal gekoppelt an die Tätigkeit des Beobachtens oder Lauschens: „Ich lausche seit Wochen. [. . . ] Lauscher zeigen sich nicht im Netz. [. . . ] Lauschen ist die Larvenphase im Leben eines Nethead.“4
Von Lehrenden und Belehrten – Das Projekt der AvantgardeGesellschaft heute noch ist klar getrennt in eine kleine Schar von Sendern, die etwas mitzuteilen haben, und in den ganzen nicht unerheblichen zum Empfang bereiten Rest, der zu gehorchen gewohnt ist. Diese Rezeptionsform des nachvollziehenden Gehorchens ist auch der Kunst – trotz mancher Interaktionsbemühungen – mithin noch die gewöhnliche, so dass mit Hans Belting gesagt werden kann: „Kunst ist in einer hartnäckigen Weise gebunden an einen Künstler, der sich darin persönlich ausdrückt, und an einen Betrachter, der sich davon persönlich beeindrucken läßt.“6
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