7. Fazit
Die neuen technischen Mittel bieten eine Vielfalt von Nutzungsmöglichkeiten. Von
dieser großen „Nutzungspalette“ werden aber bisher im großen Umfang nur wenige
„Features“ genutzt. Einerseits sind die Leitungskapazitäten bereits groß genug, um
Musikstücke schnell und komfortabel verfügbar zu machen. Hier steht in aller Regel die
„Einbahnstraßen-Nutzung“ des Datenhighways im Vordergrund: der Download von
Musikstücken, der außerdem oft mit Urheberrechtsverletzungen einher geht. Zwar können
Bands, Komponisten und Autoren einerseits über das Internet große Verbreitung
und „Popularität“ erfahren, andererseits ist die Gefahr der verlustfreien Raubkopie
durch die komfortablen technischen Möglichkeiten und das noch nicht einheitliche
internationale Recht sehr viel größer geworden. Dadurch werden Urheber, Verlage und Handel
geschädigt und in ihrer Tätigkeit eingeschränkt: Ein Teufelskreis von Risikominimierung
bzw. -vermeidung und einem daraus folgenden engen „Highlight“-Repertoire ist die
Folge.
Andererseits sind die Leitungskapazitäten aber noch nicht groß genug, um ein interaktives
Musizieren in „Realtime“ und mit akzeptabler Qualität zu ermöglichen. Daher werden die
technischen Kommunikationsmöglichkeiten derzeit sehr selten für wirkliche „kreative“
Tätigkeiten (z. B. Jam-Session oder „Studio-Aufnahme“ via Internet; gemeinsames
Komponieren eines Werkes etc.) genutzt. Nur wenige Musiker, Komponisten oder
Medienkünstler nutzen bisher die Möglichkeiten, sich interaktiv über Musik auszutauschen oder
sogar via Internet gemeinsam zu komponieren oder zu musizieren.
Als Lösungsansatz für die kommerziellen Probleme gibt es keine einfachen Mittel. Hier ist
sicher mit Blick auf die Urheber (Musiker, Komponisten) die Selbstbeschränkung bzw. der
eigene Verzicht des einzelnen Nutzers auf mißbräuchliche Nutzung ein erster Beginn. Auch am
internationalen Recht und an der Verfolgung mißbräuchlicher Nutzung wird intensiv
gearbeitet.
Der andere Bereich der mangelnden kreativen Nutzung ist ein ebenso dringend zu
bearbeitendes Feld. Viel zu selten gehen hier kommerzielle Firmen mit Entwicklungen voran,
viel zu oft tüfteln an den einzelnen Musik- und Musikwissenschafts-Instituten einzelne Forscher
und Musiker für sich und für ganz spezielle, individuelle Bedürfnisse. Auch wenn hier zum Teil
interessante Software-Lösungen entstehen (z. B. am IRCAM, oder am ZKM), so ist doch eine
standardisierte Software mit nativen Interaktions-Funktionen immer noch ein Desideratum.
Zwar gibt es vielfältige Aktivitäten wie in Osnabrück, Köln, in Karlsruhe oder Berlin, aber
immer noch dringt zu wenig an die breite (Musik-)Öffentlichkeit. Neben der KlangArt sollten
unbedingt weitere Plattformen, menschliche Netzwerke und Kooperationen gegründet werden
und die Musikverbände noch intensiver für die Vermittlung und Bekanntmachung der Ideen in
diesem Bereich gewonnen werden.
Vor allem fehlt eine einheitliche, international anerkannte Plattform für den Austausch und
das Sammeln von Informationen über den „State of the art“ in diesem Bereich. Das IRCAM und
das ZKM sind hier sicher Anlaufstellen, aber noch nicht die weltweit anerkannten und
etablierten „virtuellen Treffpunkte“ für Musiker und Komponisten auch über mentale
westeuropäische Grenzen hinweg. So ist derzeit ein zentraler Ort im Internet ebenso ein
Desideratum wie eine interkulturelle