- 68 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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Musikinstrumenten gewöhnlich weit unterlegen. Im Bereich der Klangverarbeitung (Transformation, Modulation, Transposition etc.) gibt es technische Möglichkeiten, die den real erzeugten Klängen neue Dimensionen eröffnen können. Die älteste Technik, die der Klangspeicherung, verhält sich zur Wirklichkeit des Hörens wie der Stummfilm zu der des Sehens. Nicht ein reales Klangobjekt steht uns gegenüber, sondern sein Abbild.     

Der Begriff der Wirklichkeit (realitas) hat durch die elektronischen Medien eine neue Bedeutung erhalten.Die Quantifizierbarkeit von Qualitäten, die Digitalisierbarkeit von Analogien läßt Realität als Grenzwert

 von Möglichkeiten erscheinen, so daß die alten Unterscheidungen von Objekt und Subjekt, vonWirklichkeit und Abbild im Zentralnervensystem zunehmend verschwimmen.


In meinen Kompositionen mit Tonband und/oder Live-Elektronik finden sich seit dem Duett für Bratsche (1962) die verschiedensten Formen der Erweiterung des musikalischen Instrumentariums. Immer aber bleibt im Zentrum der musikalische Gedanke des lebendigen Musikers.


     Klangbeispiel: Madrigal Triste für Oboe solo und Tonband (1963)     

Alle Klangbeispiele sind ausschnittweise auf der beiliegenden CD enthalten.

Klangbeispiele online.


Buchstaben und Silben des Gedichts von Baudelaire werden in Töne übersetzt; Dauern, Lagen, Klangfarben und die harmonischen Konstellationen folgen frei dem Text. Die Partitur ist an manchen Stellen undeutlich oder mehrdeutig, der Interpret muß im Sinn von Stockhausens Begriff der "vieldeutigen Form" weite Teile des Ablaufs der Komposition selbst entscheiden. Das begleitende Tonband verändert den Oboenklang mit den Mitteln des elektronischen Studios: durch Filterungen, Überlagerungen und Transpositionen entsteht eine Art von imaginärem Oboenklangraum, in dem sich die "reale" Musik bewegt. Dieser expandierte Raum ist nur mit den Mitteln der elektronischen Klangtransformation herzustellen.


     Klangbeispiel: Partita für Viola, Kontaktmikrophone, Filter und Regler (1966)

Klangbeispiel online


Das Jahr 1964 markiert einen zweifachen Wendepunkt in der Geschichte der elektronischen Musik. Zum einen entwickelt Robert A. Moog die Spannungssteuerung (voltage control) und damit die technischen Grundlagen für die ersten Musik-Synthesizer. Zum zweiten erscheint mit Karlheinz Stockhausens Mikrophonie I die erste Komposition, in der die Klangtransformationen durch Filter und Regler (Poten-tiometer) in Echtzeit (real time) instrumental erzeugte Klangereignisse verformen. Klangerzeugung und Klangverarbeitung werden unter mehreren Musikern aufgeteilt.

In diesem Sinn erscheint live-elektronische Musik als eine neue Art von Kammermusik, deren Instrumentarium neben traditionellen Musikinstrumenten verschiedene elektronische Transformationselemente beinhaltet. In Partita sind das spezielle Kontaktmikrophone und (wie in Mikrophonie I) Filter und Regler. Dazu kommt ein


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