- 101 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?" 
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Musikalisch drückt Cooder eine Referenz an Dinhs Heimatregion durch den Einsatz des Shakuhachi, einer japanischen Kerbflöte, des Koto, einer asiatischen Wölbbrettzither, und der P’i-p’a, einer chinesischen Kurzhalslaute, aus. »Cooder created an expansive, if weird, soundtrack to embrace the rift between cultures caused by ambition. The result is something that sounds like a new brand of music: Asian cowboy blues.«247

247
Michell, Elvis: »Cooder Been A Contender«. In: Film comment 2 (3–4/86), S. 77 f., hier S. 78

Die oben erwähnten atmosphärischen und emotionsfördernden Qualitäten des B-Teils des Theme from Alamo Bay kommen auch in Take 3 zum Tragen. Die Harmonie der Bilder, die den Alltag der Fischerleute mit pittoresken Einstellungen von Möwen, Delphinen und des Sonnenscheins zeigen, findet jedoch ein jähes Ende, wenn weiße Fischer einen Beinahe-Zusammenstoß zweier Boote provozieren und die Vietnamesen lauthals beschimpfen. Dennoch scheint sich Dinhs ›american dream‹ vom schnellen Aufstieg zu realisieren, da er sofort von den anderen Fischern integriert wird und sich spätestens durch das Reparieren des Motors in Segment 22 einen unersetzlichen Platz im Kreise seiner Kollegen geschaffen hat.

Shangs ›american dream‹ dagegen ist in den Segmenten 47–48 beim erneuten Verwenden des Theme from Alamo Bay im wahrsten Sinne des Wortes beendet: Sein Schiff, die American Dream Girl, wird wegen seiner Zahlungsunfähigkeit abtransportiert, und die Affäre mit Glory scheint ebenfalls gescheitert. Verbittert verfolgt er, wie der Truck in der untergehenden Sonne das Fischerdorf verlässt. Hier montiert Malle den A-Teil, welcher durch seinen verhaltenen Gestus mit der melancholischen Atmosphäre der Bilder übereinstimmt. Bemerkenswert ist hier, wie die ursprüngliche Bedeutung des Motivs (Hitze, Weite der Landschaft, vgl. oben) durch das Farbenspiel (hier sehr gedeckte Rot- und Blautöne) in eine andere Stimmung umgewandelt wird.

Auch bei den folgenden Einsätzen des A-Teils wird ein Traum bzw. eine Existenz zerstört. In Segment 78 wird Wally beerdigt, der einem Herzinfarkt erlegen ist, nachdem er von den Rednecks terrorisiert wurde. Er, der sein ganzes Leben lang im Fischereibetrieb geschuftet hat, steht exemplarisch für die Möglichkeit des amerikanischen Aufstiegs. Die Musik enthält hier fast den Charakter einer Mahnung. Glory schließlich erschießt am Ende des Films ihre Jugendliebe, um Dinh zu retten. Während sie vom Sheriff abgeführt wird, erklingt abermals der A-Teil, hier zugleich als Abspannmusik. Somit ist auch für Glory die Zeit in Port Alamo beendet. Sie wird dort aufgrund dieser Tat nie wieder heimisch werden können.

Cooder nutzt vor allem die expressiven Qualitäten der Bottleneck-Riffs der Slidegitarre, um die Stimmung Verlassenheit und Verlorenheit zu kreieren. Während beim ersten Erklingen des A-Teils Dinh verlassen auf dem Highway gezeigt wird, entwickelt sich dieses Motiv im Laufe des Films auch für die restlichen Protagonisten Glory, Shang und Wally zum Erkennungszeichen für Einsamkeit. Musikalisch erfolgt diese Assoziation durch Reduktion: auf instrumentelle Weise durch ein Soloinstrument über reduzierter Begleitung und in der harmonischen Beschränkung auf zwei (drei) Akkorde.


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