- 129 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?" 
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Über die Rolle des Musik als Kommentar der Handlung wurde bereits ausführlich hingewiesen; Malle verlangt hier eine stärkere Partizipation seitens des Filmbetrachters, indem er diesen einlädt, die versteckten Botschaften zu dekodieren.

Es wird an diesen Punkten deutlich, dass Malle der Musik im Film Milou en mai eine deutlich gewichtigere Rolle zugesteht als in anderen seiner Produktionen. Durch das verstärkte bewusste Eingreifen in die filmische Dramaturgie bestimmt die Musik nicht nur den filmischen Rhythmus und die Atmosphäre, sondern auch den Inhalt und die Filmaussage in wesentlichen Zügen. Malle weicht somit von seiner häufig verwirklichten Ästhetik des zurückhaltend-dezenten Gebrauchs der Musik ab und nutzt die Tonspur nur in untergeordneter Weise als Kennzeichen der Epoche und als dokumentarisches Element des Ortes (Marseillaise im Radio, Internationale bei der Arbeiterdemonstration).

Insgesamt kann die Musikdramaturgie von Milou en mai als eine der gelungensten im Schaffen des Regisseurs angesehen werden, da sie eine (bei Malle) selten gegebene Stimmigkeit zwischen Komponist und Regisseur (und dem Darsteller Michel Piccoli in der Rolle des Milou) manifestiert und neben Malles Gespür für den passenden Einsatz der Musik auch seine subtile Virtuosität beim Einsatz von Zitaten belegt.

  Damage – eine ästhetische Ausnahme (2)

Nach dem Film Le Feu follet (1963) war Damage der erste Film Malles seit (zum damaligen Zeitpunkt) fast dreißig Jahren, der im Europa der Gegenwart spielte. Zugleich war es die erste Produktion, die Malle in Großbritannien drehte. Wie schon häufig im Werk des Regisseurs diente ein Roman als Vorlage (Josephine Hart: Damage).305

305
Hart, Josephine: Damage. New York: Alfred A. Knopf 1991
Für das Drehbuch zeichnet der britische Theaterautor und Filmregisseur David Hare verantwortlich.

Der Film handelt vom britischen konservativen Parlamentsabgeordneten Stephen Fleming, der mit seiner Familie ein gesittetes, erfolgreiches Leben führt. Dieses gerät aus den Fugen, als er sich in Anna, die mysteriöse Freundin seines Sohnes Martyn, verliebt und ihre Beziehung zu einer Besessenheit für ihn wird. Stephens Leben verwandelt sich in ein Versteckspiel, in dem die Fassade zwar gewahrt, er jedoch mehr und mehr von Anna abhängig wird. Deren Verhalten resultiert aus einer traumatischen Inzestbeziehung zu ihrem Bruder, an deren Ende dieser sich das Leben nahm. Nachdem Annas Mutter zur Hochzeit ihrer Tochter und Martyn anreist und Stephen eindringlich bittet, die Affäre mit Anna zu beenden, treffen sich Anna und Stephen ein letztes Mal in einer von ihr angemieteten Wohnung. Bei dieser Begegnung kommt zufällig Martyn herein, der die beiden in flagranti erwischt. Geschockt stürzt er über das Treppengeländer in den Tod. Im Epilog erscheint Stephen als Aussteiger in einer südfranzösischen Stadt, der sein früheres Leben vollständig aufgegeben hat.

Es lassen sich zentrale Motive wiederfinden, die im Schaffen von Louis Malles eine wichtige Rolle spielen: die großbürgerliche Familie, Inzest, Selbstmord, eine »allesverzehrende Leidenschaft«306

306
Vgl. French (1998), S. 266
– Themen, die bereits in Le Feu follet, Le Souffle

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