»Sie filmten reale Personen in realen Situationen. Der Filmemacher ist kein Regisseur, der Anweisungen gibt, sondern ein Beobachter – im Idealfall sein eigener Kameramann –, der Ereignisse, die sich auch ohne ihn abgespielt hätten, aufzeichnet. Er läßt nichts wiederholen, er macht (in der Regel) keine Interviews.«340
Entscheidend für Malle war das Improvisieren, das Fehlen eines Drehbuchs. Er begab sich mit seiner Crew nach Indien, ohne einen genaueren Plan zu haben, was zu filmen sei und ohne eine vorgefasste Reiseroute zu haben. Es wurde gefilmt, was interessant und überraschend erschien, während erst am Schneidetisch das gewonnene Material organisiert wurde: »Es ist ein Kino des Instinkts, der Improvisation, ein Kino der Gegenwart: Etwas geschieht, und du versuchst es einzufangen. Dann überprüfst du, was du hast und warum du es gerade so gefilmt hast.«341
»L’intervention de Louis là-dedans: d’abord il avait une caméra aussi, une petite Beaulieu, donc il faisait des plans aussi de son côté et, en fait, c’est essentiel le travail du metteur en scène, on a l’impression qu’il ne fait rien, mais en réalité il fait tout. En réalité, s’il n’est pas là, il ne se passe rien. C’est lui qui voit les choses, c’est lui qui nous met dans un état de réceptivité, il nous manipule un peu comme des acteurs.«343
Malle hatte mit seinen Indien-Filmen keinen anderen Anspruch, als subjektive Impressionen zu filmen, wobei er teilweise selber nicht wusste, warum er einzelne Dinge fotografierte. Er verfolgte jedoch nicht irgendwelche anderen Absichten; Calcutta sei kein »film militant«, wie René Prédal bemerkt: »[. . . ] sa nouveauté consiste à présenter directement les faits sans les mettre au service d’une démonstration.«344
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