(1) in der Entwicklung der technischen Möglichkeiten, (2)
im Sujet und (3) im massiven Einsatz externer Musik begründet.
Zu (1): 1962 konnte sich Malle noch nicht des son synchrone bedienen, der die auditive Ebene der Indien-Dokumentationen auszeichnet, ein Aspekt, den der Regisseur bedauert: »Nous n’avons pas fait de son synchrone, seulement des sons d’ambiance, ce qui était beaucoup moins intéressant.«392
(2) Die Tour de France ist in Frankreich seit Jahrzehnten eine feste Institution. Sie hat nicht die exotische Fremdheit wie eine Straße in Kalkutta oder ein Tempel in Madras. Obgleich es reizvoll wäre, einen Film über die Tour nur mit Geräuschen auszustatten, hätten diese nicht den gleichen Effekt wie in den Filmen über Indien. (3) Im Gegensatz zu den späteren Filmen setzt Malle externe Musik ein (58 %) und verschiebt somit die Authentizität des Films in starkem Maße in Richtung ›innere Realität‹.393
Ein Kriterium des cinéma direct erfüllt der Film jedoch: Es gibt keine mise en scène. Wie später bei den Indien-Filmen filmen Malle und seine Crew das, was ihnen wichtig erscheint, und drehen keine Szene zweimal (was freilich auch unmöglich gewesen wäre, da sich das Tourgeschehen nicht wiederholen lässt). Dennoch bestimmen die Montage und der Musikeinsatz zu einem großen Teil die Ästhetik des Films. Wie oben analysiert gibt die Tonebene in weiten Abschnitten die subjektive Erlebnisperspektive der Fahrer wieder. Eine herausragende Rolle spielt hier die Musik, die oftmals mit der physischen und psychischen Verfassung der Athleten korrespondiert. Wenn also laut Norbert Jürgen Schneider die Musik im dokumentarischen Film – gerade als externe Quelle im Off – »in den meisten Fällen Ausdruck der ›inneren Realität‹«394
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