- 164 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?" 
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bereits erwähnt worden (s. o.); die Synchronisierung von Ton und Bild entwickelte sich jedoch erst im Laufe der 60er-Jahre zu einem gängigen Drehverfahren. Hinzu kommt auch, dass er im Falle des zweiten Films mit einer Fernsehcrew unterwegs war und somit nicht auf den technischen Standard zurückgreifen konnte, den er für seine eigenen Produktionen verwendete, Aspekte die auch Jean-Claude Laureux hervorhebt: »En 1964 il y avait déjà des Nagras, mais en fait c’était le début, puis il était parti avec une équipe de télévision, il n’avait pas tourné avec les techniques que nous on utilisait.«406
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»1964 gab es bereits die Nagra, aber dieses Verfahren steckte wirklich noch in den Anfangstagen. Außerdem hat er mit einer Fernsehcrew gedreht, er hatte nicht das Equipment, das wir benutzten.« (zit. n. Interview mit Verfasser, 4. 4. 2001)
So wirken die Geräusche gerade nach heutigem Standard sehr artifiziell; gleichzeitig gibt es häufig Passagen, in denen die Geräusche zugunsten der Musik ausgesetzt sind. In diesen Fällen erhält die Musik wesentlich mehr Gewicht, als wenn im Hintergrund das vollständige Geräuschpanorama einer Szene zu vernehmen wäre. Die Tonspur formt in diesen Fällen zusammen mit dem Bild eine relativ starke Aussage, deren Inhalt jedoch nicht immer klar zu definieren ist. Im Film Vive le tour! dramatisiert sie die Handlung in einigen Szenen, verleiht ihnen andererseits auch einen teilweise euphemistischen Effekt, wenn die Gefahren und Strapazen durch die Musik harmlosen und spielerischen Charakter erhalten. Im Gegensatz dazu ironisiert sie in Bons baisers de Bangkok einige Szenen bzw. besitzt keine direkte Aussage. Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass die Musik die Aufmerksamkeit des Filmbetrachters in diesen Fällen stärker erregt, als wenn der Film ohne Musik montiert wäre; der Authentizitätscharakter, der die späteren Indien-Filme auszeichnet, ist abgeschwächt und die Ästhetik verschiebt sich stärker zur ›inneren Realität‹ des Regisseurs.

Eine wichtige Rolle spielt in beiden Filmen der Off-Kommentar. Im Film über Thailand als ironischer Kontrapunkt zu den Bildern fungierend und diverse, teilweise unzusammenhängende Informationen liefernd, dient er in Vive le tour! als Authentizität verströmender Pfeiler der auditiven Informationsschicht, der die Begeisterung über das Ereignis vermittelt und gleichzeitig mit leicht naivem Ausdruck über die Gefahren des Rennens informiert, jedoch keine wertende Kritik vornimmt wie in Bons baisers de Bangkok (vgl. Schlusskommentar über die Exotik als eine Illusion).

Im Gesamtschaffen des Regisseurs spielen die beiden frühen Dokumentarfilme keine wesentliche Rolle. Bons baisers de Bangkok zeigt zwar bereits das Interesse des Regisseurs an fremden Kulturen, ist aber an den formalen Rahmen einer Fernsehsendung gebunden und spiegelt noch nicht in dem Maße die spätere Ästhetik der Dokumentarfilme Malles wider, wie sie in den Indien-Filmen zu Tage tritt. Vive le tour! wirkt vor allem durch die eingesetzte Musik aus heutiger Sicht etwas antiquiert; die Effekte der Tonebene sind nicht sehr subtil eingesetzt, so dass die Aufmerksamkeit des Filmbetrachters oftmals auf den Filmklang gelenkt wirkt, was an manchen Stellen zu Lasten der Intensität der Bilder geht. Gerade die auditive Schicht und Dramaturgie des Films hebt sich somit stark von den Indienfilmen ab, die ein höchstmögliches Maß an Authentizität anstreben.


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