Aus diesem Interviewausschnitt wird deutlich, dass Malle trotz der scheinbar neutralen
Darstellung der Zustände dem Filmbetrachter sehr wohl die harten Bedingungen der
Fließbandarbeit aufdecken wollte und der Film keinesfalls ein neutrales, geschweige denn
optimistisches Gefühl (beispielsweise über den Fortschritt der modernen Autofabrikation
oder dergleichen) hinterlassen soll. An anderer Stelle spricht Malle von einem »cauchemar
lent«411
Malle in Mallecot (1978), S. 39 (»langsamer Alptraum«)
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und von »bruits
insoutenables«;412
Ebda. (»unerträglicher Lärm«)
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Indizien einer Parteiergreifung für die Arbeiter.
Dennoch wirken diese (zumindest im ersten Teil des Films) nicht unglücklich; laut Malle
waren viele von ihnen Bauern aus der Region, die sich durch die Arbeit bei Citroën ihren
Lebensunterhalt sicherten, da die Landwirtschaft allein nicht ausreichte. In der Mehrzahl
waren sie zufrieden mit der Bezahlung. Malle stellt die Arbeiter zudem nicht als stupide
Werkzeuge dar: »The workers are never made to look ugly or stupid; quite the
opposite, one is amazed at their skill, their agility, their intentness, their general
attractiveness.«413
Rollet, Ronald T. (1977b): »Human, Too Human«. In: Film Library Quaterly 4/77, S. 43–44,
58, hier S. 44
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Im Gegensatz dazu wirken die Besucher und Verkäufer im Mittelteil
(Autosalon) wie Karikaturen, die sich durch wichtigtuerische und unwichtige
Kommentare profilieren und ihre Kompetenz in Detailfragen unterstreichen
wollen.414
So stellt beispielsweise der Staatspräsident die Frage, ob ein Modell auch mit Kopfstützen zu
erhalten sei.
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Bemerkenswert gestaltet sich der Übergang zum dritten Teil: Malle zeigt eine Mitarbeiterin
an einem Stand auf dem Autosalon, die, von der Präsentationsarbeit gezeichnet, sagt: »J’en ai
ras le bol.«415
»Ich hab hier die Schnauze voll.«
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Es folgen Schnitte auf zwei weitere Arbeiterinnen, während der Ton aus der
Autoausstellung fortgeführt wird. Nach 30 Sekunden blendet Malle die Geräusche der
Besucher aus, so dass erst nach einiger Zeit klar wird, dass sich die Kamera wieder in der
Werkshalle befindet. Somit verbindet der Regisseur die Schicksale der Präsentatorin
und der Fabrikarbeiterinnen; beide sind gewissermaßen Opfer des Kultobjekts
Auto, beide dienen zu seiner Fertigung und Vermarktung. Diesen Aspekt des
Kultes, der Anbetung des Objektes Auto, der vor allem bei der Autoschau
zum Vorschein tritt, akzentuiert Malle bereits zu Beginn des Films durch den
Ton:
»Als ich im Schneideraum die Eingangsszene betrachtete, die Nahaufnahme
im Stahlwerk, sagte ich: ›Das ist fast religiös, es ist wie in einer
Kathedrale.‹ Deswegen wählten wir den gregorianischen Gesang für den
Anfang.«416
Malle in French (1998), S. 221
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Nach einem Kameraschwenk über sommerliche Wiesen und den Angestelltenparkplatz auf
die Fabrikationshallen setzt leise ein Choral ein, der sich bis ins Innere der Halle fortsetzt. In
dieser »Kathedrale des Kommerzes« werden rituelle Kulthandlungen ausgeführt,
Handlungen am Fließband: »Nous filmons un rituel, en longs plan-séquences, les mains qui
se déplacent sur le métal, les yeux toujours fixés, les voitures, objets de culte, qui semblent
glisser.«417
Malle in Mallecot (1978), S. 39 (»Wir filmen ein Ritual in langen Einstellungen, die Hände,
die über das Metall fahren, die ständig starrenden Augen, die Autos, Kultobjekte, scheinen
zu gleiten.«)
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Prédal sieht in dieser Verwendung der Musik eine
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