- 166 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?" 
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Aus diesem Interviewausschnitt wird deutlich, dass Malle trotz der scheinbar neutralen Darstellung der Zustände dem Filmbetrachter sehr wohl die harten Bedingungen der Fließbandarbeit aufdecken wollte und der Film keinesfalls ein neutrales, geschweige denn optimistisches Gefühl (beispielsweise über den Fortschritt der modernen Autofabrikation oder dergleichen) hinterlassen soll. An anderer Stelle spricht Malle von einem »cauchemar lent«411

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Malle in Mallecot (1978), S. 39 (»langsamer Alptraum«)
und von »bruits insoutenables«;412
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Ebda. (»unerträglicher Lärm«)
Indizien einer Parteiergreifung für die Arbeiter.

Dennoch wirken diese (zumindest im ersten Teil des Films) nicht unglücklich; laut Malle waren viele von ihnen Bauern aus der Region, die sich durch die Arbeit bei Citroën ihren Lebensunterhalt sicherten, da die Landwirtschaft allein nicht ausreichte. In der Mehrzahl waren sie zufrieden mit der Bezahlung. Malle stellt die Arbeiter zudem nicht als stupide Werkzeuge dar: »The workers are never made to look ugly or stupid; quite the opposite, one is amazed at their skill, their agility, their intentness, their general attractiveness.«413

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Rollet, Ronald T. (1977b): »Human, Too Human«. In: Film Library Quaterly 4/77, S. 43–44, 58, hier S. 44
Im Gegensatz dazu wirken die Besucher und Verkäufer im Mittelteil (Autosalon) wie Karikaturen, die sich durch wichtigtuerische und unwichtige Kommentare profilieren und ihre Kompetenz in Detailfragen unterstreichen wollen.414
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So stellt beispielsweise der Staatspräsident die Frage, ob ein Modell auch mit Kopfstützen zu erhalten sei.

Bemerkenswert gestaltet sich der Übergang zum dritten Teil: Malle zeigt eine Mitarbeiterin an einem Stand auf dem Autosalon, die, von der Präsentationsarbeit gezeichnet, sagt: »J’en ai ras le bol.«415

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»Ich hab hier die Schnauze voll.«
Es folgen Schnitte auf zwei weitere Arbeiterinnen, während der Ton aus der Autoausstellung fortgeführt wird. Nach 30 Sekunden blendet Malle die Geräusche der Besucher aus, so dass erst nach einiger Zeit klar wird, dass sich die Kamera wieder in der Werkshalle befindet. Somit verbindet der Regisseur die Schicksale der Präsentatorin und der Fabrikarbeiterinnen; beide sind gewissermaßen Opfer des Kultobjekts Auto, beide dienen zu seiner Fertigung und Vermarktung. Diesen Aspekt des Kultes, der Anbetung des Objektes Auto, der vor allem bei der Autoschau zum Vorschein tritt, akzentuiert Malle bereits zu Beginn des Films durch den Ton:

»Als ich im Schneideraum die Eingangsszene betrachtete, die Nahaufnahme im Stahlwerk, sagte ich: ›Das ist fast religiös, es ist wie in einer Kathedrale.‹ Deswegen wählten wir den gregorianischen Gesang für den Anfang.«416

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Malle in French (1998), S. 221
Nach einem Kameraschwenk über sommerliche Wiesen und den Angestelltenparkplatz auf die Fabrikationshallen setzt leise ein Choral ein, der sich bis ins Innere der Halle fortsetzt. In dieser »Kathedrale des Kommerzes« werden rituelle Kulthandlungen ausgeführt, Handlungen am Fließband: »Nous filmons un rituel, en longs plan-séquences, les mains qui se déplacent sur le métal, les yeux toujours fixés, les voitures, objets de culte, qui semblent glisser.«417
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Malle in Mallecot (1978), S. 39 (»Wir filmen ein Ritual in langen Einstellungen, die Hände, die über das Metall fahren, die ständig starrenden Augen, die Autos, Kultobjekte, scheinen zu gleiten.«)
Prédal sieht in dieser Verwendung der Musik eine

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