- 192 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?" 
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Erstere dienen als Musik im On bei der von Laurents Brüdern Marc und Thomas veranstalteten Party. Sie manifestieren den Erfolg des New Orleans Revivals in Europa und belegen die Rolle dieses Stils als Tanzmusik der Jugend der frühen 50er-Jahre.

The Fish Merchant dient als akustische Kulisse im Bordell ›A l’Orée du Bois‹. Es erklingt sehr leise, während Laurent sich mit Freda in deren Zimmer aufhält. Es hat den gleichen Stellenwert wie das vorher erklungene Mambo No. 5 von Peres Prado und die New-Orleans-Stücke in den Segmenten 28–30, nämlich zur damaligen Zeit sehr populäre Tanzmusik. Gleichzeitig ist es als eine kleine Reminiszenz an das ehemalige Vergnügungsviertel Storyville in New Orleans zu sehen, welches verbunden mit der Lebensfreude und Bevölkerungskonstellation der Stadt Anfang des 20. Jahrhunderts einen Nährboden für die Entwicklung vom Ragtime zum New Orleans Jazz darstellte.497

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Vgl. auch den Louis Malle Film Pretty Baby (1977)

Der New-Orleans-Stil steht im Gegensatz zur Tanzmusik der Takes 24–25 und 27. Er verkörpert das anti-bürgerliche Element und an ihm haftet gerade durch den Einsatz als Barmusik im Bordell etwas ›Verruchtes‹.

Die Bedeutung der übrigen Musik im Film

Neben der dem Jazz zuzuordnenden Musik wird in mehr als der Hälfte der Takes unterschiedliche andere Musik eingesetzt, die z. T. von Gaston Frèche komponiert wurde.

Tanzmusik Es ist bereits mehrfach die Rolle der Tanzmusik angesprochen worden. Neben dem Salonorchester, welches zum Tanztee spielt (Segmente 79–80; 85–86), erklingt eine Tanzkapelle beim Ball des 14. Juli. Es ist wichtig, den Unterschied zwischen den beiden Gruppen herauszustellen. Die Musik, die im Sanatorium in der traditionellen Besetzung gespielt wird (Violine, Violoncello, Kontrabass, Klavier), wirkt wie ein Relikt aus alten Tagen des Großbürgertums zur Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts. Sie kennzeichnet einerseits den Status der Gäste (Bourgeoisie), andererseits auch den Ort und den Anlass (Sanatorium/Grand Hôtel des Bains im Stil der Belle Epoque und Tanztee). Im Gegensatz dazu repräsentiert die Ball-Kapelle (E-Gitarre, E-Bass, Akkordeon, Trompete, Schlagzeug) eine Musik, die von einer größeren Bevölkerungsgruppe rezipiert wird. Die Gäste entstammen vornehmlich der Arbeiterschaft bzw. dem Militär, so dass es zu Spannungen zwischen den sozialen Schichten kommt, so z. B. zwischen dem arroganten Hubert und dem linkischen Bretonen, einem der Verehrer Claras. Musikalisch unterscheiden sich die beiden Gruppen dadurch, dass die Ball-Kapelle neben Instrumentalstücken auch Schlager und Chansons, also dem Publikum bekannte Lieder spielt und durch den Einsatz des Akkordeons ein volkstümliches Ambiente schafft. Der Anlass, die Klientel und die Stimmung sind eine gänzlich andere, es herrscht Amüsement für das breite Volk. Die Protagonisten Laurent und Clara, bei denen das Denken in sozialen Schichten nicht sehr ausgeprägt ist, tanzen sowohl zur einen wie auch zur anderen Kapelle,


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