sich der Musik bedient,
um sich gegen gewisse Personenkreise abzugrenzen (so beim Tanztee) bzw. sich anderen
zuzuordnen (Intellektuellen, Existentialisten).
Die Musik bestimmt die Atmosphäre des Films. Vor allem im ersten Segment wird dieses
deutlich, denn die von Jean de Baroncelli gewählten Attribute »fraîcheur du regard« und »vivacité
du style«500
»frischer Blick« und »lebendiger Stil«. Vgl. Baroncelli, Jean de: »Le souffle au coeur«. In: Le
Monde 29. 4. 1971
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rühren oftmals von der Musik her. Dabei versprüht paradoxerweise eine Musik, die unter
Drogen und teilweise extremen Bedingungen in Parkers letzten Lebensjahren
aufgenommen wurde, Lebensfreude und Verve, die sich auf die Bilder überträgt und
mit Laurents Lebenseinstellung einhergeht. Am Schluss des Films wiederum
korrespondiert der lebendige Gestus der Musik mit der allgemeinen Erleichterung in der
Familie.
Die Charlie Parker-Stücke erfüllen somit mehrere Funktionen. Teilweise als
atmosphärische Zutat, teilweise als Ausdruck von Laurents Gefühlen eingesetzt,
gewährleisten sie auch den Zusammenhang der einzelnen Segmente (musikalische
Bogenform). Durch die Vorliebe Laurents für Parker wird die Musik im Film zu einem
wichtigen Bestandteil seines Lebens, indem sie direkt auf die Handlung Bezug nimmt (s.
Take 1) und einen elementaren Schlüssel zum Verstehen seiner Persönlichkeit
bietet. Dabei läuft die von Wilson und Goeman gerade bei den verwendeten
Aufnahmen vom Dezember 1952 konstatierte »dauernde Unruhe im Saxophonspiel
Parkers«501
Wilson/Goeman (1988), S. 159
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mit Laurents Gemütszustand parallel, der von einer Situation in die nächste gerät und so
Erfahrungen mit der Erwachsenenwelt, aber auch mit dem eigenen Erwachsenwerden
sammelt.
Nicht nur bei den Charlie Parker-Stücken, sondern auch bei den übrigen Stücken fällt
die authentische Verwendung zeitgenössischer Musik auf. Sämtliche Jazztakes sind
Originalaufnahmen aus der Zeit, in der die Handlung spielt. Durch den Einsatz von Musik
im On502
28 der 34 Takes sind direkt durch das Bild motiviert.
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– in vielen Fällen erklingt die Musik von Schallplatte oder Radio
– wird ein stimmungsvolles, realistisches Bild dieser Epoche
gezeichnet.503
Wie wichtig Malle die Präzision und die authentische Inszenierung von Handlung und Musik
war,
beweist folgender Kommentar von Jean-Claude Laureux: »Tout cela est lié: Dien-Bien-Phu,
il y a la manifestation pour la guerre d’Indochine et en même temps qu’il y a Dien-
Bien-Phu, il y a Charlie Parker qui sort tel disque et pour lui [L. M.] il faut que ça soit
authentique. J’avais travaillé sur Le Souffle au montage comme stagiaire et je m’occupais
justement de choisir les musiques et de les mettre et il me surveillait beaucoup sur les dates,
c’est-à-dire qu’il y avait des morceaux qui collaient très bien mais qui n’étaient pas dans
l’époque, qui ne pourraient pas avoir été entendus à cette époque-là et qu’il réfusait. Il
n’en était pas question.« (»All das hängt zusammen: Dien-Bien-Phu, die Demonstration
für den Indochinakrieg, und dann ist da Charlie Parker, der zur gleichen Zeit diese Platte
herausbringt. Für ihn [L. Malle] musste es authentisch sein. Ich habe bei Le Souffle als
Praktikant am Schneidetisch gearbeitet und musste die Musikstücke auswählen und auf den
Film legen. Er bewachte genau, von wann diese Stücke waren. So gab es Stücke, die sehr gut
zum Film passten, die aber nicht aus dieser Zeit stammten, die damals nicht hätten gehört
werden können und die er ablehnte. Das stand außer Frage.«), zit. n. Interview mit dem
Verfasser, 4. 4. 2001.
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Die
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