- 199 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?" 
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Hasses (Michel Sineux verwendet den Begriff »haine ethnique«519
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Sineux, Michel: »Le hasard, le chagrin, la nécessité, la pitié (sur Lacombe Lucien)«. In: Positif  154 (3/74), S. 25–27, hier S. 27 (»ethnischer Hass«)
), der sich gegen alles richtet, was mit der Nazi-Ideologie nicht vereinbar ist: »juif, franc-maçon [. . . ], résistant, bolchevique, gaulliste«.520
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Ebda. (»Jude, Freimaurer, Résistance-Kämpfer, Bolschewik, Gaullist«)

Die Gründe für Luciens Verhalten sind nicht ideologischer Natur. Er hätte ebenso gerne für die Résistance gekämpft. Er kommt vielmehr zufällig in eine Machtposition, indem er eine Maschinenpistole und einen Gestapoausweis erhält. Lucien ist auf der Suche nach seiner eigenen Identität, weil ihm eine Vaterfigur fehlt. Sein leiblicher Vater ist in Kriegsgefangenschaft, auf dem Hof des Liebhabers seiner Mutter, Laborit, ist er nicht gerne gesehen und der Lehrer Peyssac weist ihn mit spöttischen Kommentaren ab. Eine weitere Vaterfigur repräsentiert der jüdische Schneider Horn, doch auch dieser, unfähig, seinen arroganten Bourgeoisie-Stolz abzulegen, verwehrt Lucien Halt und Familie. Somit sind die französischen Gestapo-Mitarbeiter um den ehemaligen Inspektor Tonin die einzigen, bei denen Lucien Anerkennung zu finden scheint.

Stilistisch ähnelt der Film der realistischen Dokumentarästhetik von Le Souffle au coeur. Durch die Situierung in einen historischen Kontext und die politischen Details (Invasion der Amerikaner) gewinnt der Film eine hohe Authentizität. Hinzu kommt, dass das Gros der Schauspieler keine Erfahrung mit der Kamera hatte, sondern sich aus Theaterschauspielern bzw. Statisten rekrutierte, allen voran Pierre Blaise in der Rolle des Lucien.

Der gesamte Film ist bis auf die Musik nicht nachsynchronisiert worden; alle Dialoge und Geräusche wurden vor Ort aufgenommen, laut Louis Malle in seinem Filmwerk ein Einzelfall.521

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Vgl. French (1998), S. 148
In Bezug auf die Musik stellt sich die Frage, inwieweit die Funktionen, die sie in Le Souffle au coeur erfüllte, auch für diesen Film zutreffen, bzw. ob sich das dokumentarische Element auch in der Musik widerspiegelt.

  Die Musik im Film

Im Film Lacombe Lucien erklingen in 24 Takes 2027 Sekunden Musik. Dieses entspricht ca. 25 % der Gesamtlänge. Stilistisch kann der Hauptteil der Musik in drei große Gruppen eingeteilt werden: Django Reinhardt-Takes, Schlager/Chansons und Klaviermusik. Des Weiteren montiert Malle Musik im Radio, Gesänge/Gesumme verschiedener Art und eine indische Flötenmelodie.

Lediglich zwei Takes erklingen nicht im On, zum einen der Minor Swing, gespielt von Django Reinhardt und dem ›Quintette du Hot Club de France‹, der während des Vorspanns montiert wird, zum anderen die Flötenmelodie, die Malle gegen Ende und im Abspann verwendet. Alle anderen Takes sind direkt durch das Bild motiviert.

Die quantitativ bedeutendsten Musikgruppen sind die Klaviermusik und die – zumeist vom Schallplattenspieler erklingenden – Swing- und Schlager-Stücke von Django Reinhardt, André Claveau und Irène de Trébert. Diese beiden stilistisch


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