im Off) und in denen der Einsatz quantitativ geringer gestaltet ist (Malle montiert
insgesamt 25 Min., was ca. 29 % der Gesamtlänge entsprechen), liegt im Fall von
Ascenseur pour l’échafaud ein verstärkt beeinflussender Eingriff seitens der Musik
in die Filmrezeption vor, die den Bildern (vielleicht noch stärker, als es bei
späteren Filmen Malles der Fall ist) eine besondere Prägung verleiht und den
Film im Zusammenspiel mit Kameraführung und Beleuchtung unverwechselbar
macht.
Les Amants – ›la première nuit de Brahms du cinéma‹
Jeanne Tournier ist die gelangweilte Gattin des reichen Verlegers Henri in Dijon. Die
Wochenenden verbringt sie häufig in Paris bei ihrer Freundin Maggy und ihrem Liebhaber
Raoul. Eines Tages hat sie auf der Rückfahrt von Paris einen Motorschaden, worauf sie der
Archäologiestudent Bernard mit seiner 2CV mitnimmt und dieser eingeladen wird, die Nacht
auf dem Gut der Tourniers zu verbringen. Nach einem Abendessen, zu dem auch Maggy und
Raoul erscheinen, zieht man sich auf die Zimmer zurück. Jeanne geht jedoch nachts
noch einmal in den Park, trifft dort auf Bernard und verbringt die Nacht mit ihm.
Frühmorgens fahren die Verliebten vor den Augen der überraschten Gäste und Henri
fort.
»C’est l’histoire d’une nuit d’amour dans un
parc.«49
Louis Malle im Magazin Arts, zit. n. Prédal (1989), S. 18 (»Es ist eine Geschichte über eine
Liebesnacht in einem Park.«)
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Mit dieser lapidaren Formulierung beschrieb Louis Malle seinen zweiten Spielfilm, der
ihn international bekannt machte, was vor allem an den Liebesszenen lag, die eine Welle
des Protests auslösten. Wurde der Film in Deutschland lediglich um fünf Minuten
gekürzt,50
Herausgeschnitten wurden Szenen mit der Tochter, da man das Zurücklassen des Kindes als
moralisch bedenklich empfand: »Das Recht der Liebe, das der Film proklamiert, wurde so in
der BRD durch offenkundige Zensur für Mütter eingeschränkt.« (Koch (1985), S. 62)
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so verbot man ihn in den USA in mehreren Bundesstaaten. Dort warf man Malle vor
allem vor, mit der anstößigen Erotik einen billigen Effekt erzielen zu wollen: »The script
of The Lovers is an unbelievable contrivance to lead up to one scene in which the camera
records at length the facial reactions of a woman during cunnilungus . . . Louis
Malle and his company should be ashamed of such low grade, anti-social money
grubbing.«51
Fitzpatrick, Ellen: »The Lovers«. In: Films in Review 9 (11/59), S. 561 f., zit. n.
Kline, T. Jefferson: Screening the text. Intertextuality in New Wave French Cinema.
Baltimore/London: The John Hopkins University Press 1992, S. 24 f.
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Während der Film auch in Frankreich in vielen Kreisen aufgrund seiner mutmaßlichen
moralischen Anstößigkeit abgelehnt wurde, erfreute er sich bei den Kritikern
(vor allem bei denen der Nouvelle Vague) großer Beliebtheit. So betitelte
François Truffaut seine Kritik über den Film mit »première nuit d’amour du
cinéma«.52
Zit. n. Prédal (1989), S. 18 (»erste Liebesnacht des Kinos«)
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Malles Film ist in einem Milieu angesiedelt, aus welchem er selbst stammt, dem
Großbürgertum. Seine Grundidee war es, die Scheinheiligkeit der Moralvorstellungen der
Bourgeoisie zu entlarven, die einer Frau automatisch die Rolle der Ehefrau
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