- 26 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?" 
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gibt sich hier zum ersten Mal leidenschaftlich), verbreitet die Musik nun wieder eine ernstere Stimmung; es wird bereits angekündigt, dass die selige Stimmung auf dem Boot vergänglich ist.62

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Im Drehbuch ist vermerkt: »Elle [Jeanne] regarde la barque avec tendresse et regret.« (»Les Amants – découpage«, S. 32: »Sie blickt zärtlich und mit Bedauern auf das Boot.«). Offenbar scheint für die beiden bereits zu diesem Zeitpunkt klar zu sein, gemeinsam fortzugehen, und wahrscheinlich ahnen beide schon jetzt, dass sich dieses Glück der Nacht nicht wiederholen lässt. Die Musik unterstützt dies, indem sie durch die VI. Variation einen starken Kontrast zum vorherigen Teil bildet.
Das Take endet mit T. 144 (mit ritardando gespielt), das Pärchen entschwindet Arm in Arm den Blicken des Zuschauers. Es fällt auf, dass sämtliche Geräusche ausgeblendet werden, einzig der Klang der Streicher dominiert, nur ab und zu durch einen Dialog unterbrochen. Besondere Intensität gewinnt die Musik in der Kussszene (T. 31–32), hier wird sogar eine Überleitung zur Durvariation eingeschoben, die in der originalen Brahmspartitur nicht vorkommt.

Die Musik steht demnach in dieser Phase des Films für das frische Liebesglück von Jeanne und Bernard. Zwar abgehoben von der I. Variation, die durch ihren spezifischen Einsatz als Musik im On den Ort Bibliothek und anfangs Henri charakterisiert, aber dennoch mit ihr verwandt, wird nun der Vorspann zitiert. Jeanne kann sich folglich nicht gänzlich vom Einfluss ihres Mannes freimachen, sie bleibt dadurch, dass die Musik sich nicht vollkommen ändert, der Sphäre des Hauses Montauger verhaftet. Gleichzeitig verbindet die Musik Henri und Bernard, weswegen ein ein wahres Liebesglück für Jeanne in Form des Studenten in Frage gestellt wird.

In Take 8 kommt der erste Satz des Brahms-Sextetts zum Einsatz. Das Pärchen ist in Jeannes Zimmer und vollzieht nun das, was sich bereits im Garten angebahnt hat. Wie schon im Take zuvor wird der Satz nicht kontinuierlich zitiert, sondern in Ausschnitten, wobei auch hier wieder eigenmächtig ausgeführte Wiederholungen eingesetzt werden. Es fällt auf, dass vor allem Stellen mit klarem harmonischen Bau und prägnanter Melodik verwendet werden. Klare dramaturgische Teile, die wie im vorherigen Take ihre Entsprechungen in der Musik finden, lassen sich nicht aufzeigen. Lediglich die letzte Wiederholung (T. 94–103) geht mit einem Segmentwechsel (Ortswechsel vom Badezimmer ins Bett) einher. Das Take endet mit T. 103 auf einem DV-Akkord.

Die Musik spiegelt in diesem Take die vollkommene Glückseligkeit der Liebenden wieder. Es herrscht absolute Harmonie, die nur durch den offenen Schluss getrübt wird, der bereits auf den anbrechenden Morgen und das Entschwinden der Nacht (interessante Parallele zur Tristan und Isolde-Thematik, vgl. auch Analyse zu Black Moon) hinweist. Die strömende Melodik korrespondiert mit den Gefühlen Jeannes, die die sexuellen Freuden der Liebe in dieser Nacht zu entdecken scheint.

Take 9 beschließt den Film. Erneut wird die VI. Variation montiert, dieses Mal jedoch mit Violinen, die das Sechzehntelmotiv des Themas im Pizzicato imitieren. Malle montiert 16 Takte (T. 129–144), was einer Periode entspricht, so dass der Film mit dem d-moll-Akkord in Takt 144 endet.

Jeanne hat den Ehebruch vollzogen und sich zu einer Flucht aus ihrem gewohnten Leben entschlossen. Nach einem Frühstück in einem Dorfcafé setzen Bernard und Jeanne ihre Fahrt fort. Kurz nach Anlassen des Motors erklingt die Musik, zu der dann die Off-Stimme einsetzt. Der Film und die Musik enden mit einer langsamen Rückwärtsfahrt der Kamera, die die 2CV zeigt, in der die beiden fahren.


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