- 52 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?" 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (51)Nächste Seite (53) Letzte Seite (363)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Schritt, der Malle von André Brissaud vorgeworfen wurde: »Cette apologie du suicide est aussi condamnable qu’une apologie du meurtre. [. . . ] Un tel film est un crime contre la jeunesse.«123
123
Brissaud, André zit. nach Gévaudan, François: »Le feu follet«. In: Bory, Jean-Louis (Hrsg.): Dossiers du cinéma. Tournai: Casterman 1975, o. S.: »Diese Verherrlichung des Selbstmordes ist ebenso zu verdammen wie eine Verherrlichung des Mordes. [. . . ] Solch ein Film ist ein Verbrechen an der Jugend.«

Während der Film formal einer Chronologie der letzten 48 Stunden Leroys folgt, stellt er inhaltlich eine Art Rückblick dar,124

124
Die formale Struktur des Films trägt diesem Aspekt Rechnung, indem der Vorspann wie ein Abspann gestaltet ist; einen Abspann gibt es nicht, das Bild des erschossenen Alain wird eingefriert, worauf der oben bereits zitierte Text montiert wird.
da bereits nach kurzer Zeit deutlich wird, dass sich der Protagonist umbringen wird. In den ersten 30 Minuten finden sich einige Andeutungen, die auf das Ende hinweisen.125
125
Vgl. »Le feu follet – découpage«, S. 13: »Non, Lydia . . . C’est non: je ne viendrai pas à New York, je ne vous épouserai pas.[. . . ] Et puis vous ne pouvez rien pour moi. Trop tard . . . « (Nein, Lydia, ich werde nicht nach New York kommen. [. . . ] Und außerdem können sie nichts für mich tun. Zu spät . . . «) und S. 19: »La vie, elle ne va pas assez vite en moi. Alors, je l’accélère, je la redresse. [. . . ] Demain je me tue . . . « (»Das Leben geht nicht schnell genug in mir vorüber. Also beschleunige ich es, korrigiere seinen Ablauf. [. . . ] Morgen werde ich mich töten . . . «)
Zudem hat Alain das Datum des Todestages an den Spiegel in seinem Zimmer geschrieben. Diese Struktur ist von Malle intendiert: »Dès le premier tiers du film, qui se passe en 36 heures, il faut que l’on sache qu’il se tuera. Il va voir ses amis pour leur dire au revoir. L’idéal serait que les gens sachent qu’il va se tuer, mais qu’ils aient en même temps envie qu’il vive.«126
126
Malle, Louis: »Le feu follet«. In: Cahiers du Cinéma 146 (8/63), S. 33 (»Ab dem ersten Drittel des Films, das sich in 36 Stunden abspielt, muss man merken, dass er sich umbringen wird. Er geht sich von seinen Freunden verabschieden. Ideal wäre es, wenn die Zuschauer wüssten, dass er sich umbringen wird, aber zugleich hofften, dass er am Leben bliebe.«)
Alains Verhalten bleibt demnach auch nahezu konstant deprimiert, sein Pessimismus und seine Lebensverneinung können durch nichts im Film umgewandelt werden.

Stilistisch wirkt der Film wie die präzise Beschreibung der letzten Tage eines Selbstmörders, ohne den Zuschauer jedoch durch Effekte bzw. sentimentale Darstellung zu beeinflussen. Malle drehte letztendlich in schwarz-weiß, nachdem er zuvor bereits einige Tage in Farbe gefilmt hatte. Neben der unaufdringlichen Inszenierung trägt das Filmen an Originalschauplätzen wie dem Quartier Latin zum Realismus des Films bei: »Among the many factors besides the realism of its natural settings which make The Fire Within a remarkable film is the restrained, sympathetic, and unsensational treatment of a very delicate subject matter.«127

127
Paris, James Reid: The Great French Films. Secaucus, N. J.: The Citadell Press 1983, S. 196
Malle schreibt zum Stil des Films:

»J’ai fait un film anti-décoratif; au fur et à mesure du tournage, je me suis limité aux plans fixes, aux gens qui parlent. Il y a un sujet et un texte tellement forts que la moindre arabesque deviendrait une incongruité. Je coupe au montage tout ce qui est un peu ›joli‹. Tout viendra sur l’écran comme un grand flash-back, c’est un film entièrement à l’imparfait, très sec.«128

128
Malle (1963): »Ich habe einen Film gemacht, der nicht sehr dekorativ wirkt; während der Dreharbeiten habe ich mich mehr und mehr auf feste Einstellungen und auf die sprechenden Personen beschränkt. Bei diesem ausdrucksstarken Thema und Text würde jede kleinste Verzierung unangemessen sein. Beim Schneiden habe ich alle etwas ›hübschen‹ Abschnitte eliminiert. Alles erscheint auf der Leinwand wie ein großer Rückblick, wie ein Film, der die ganze Zeit sehr trocken von der Vergangenheit erzählt.«


Erste Seite (i) Vorherige Seite (51)Nächste Seite (53) Letzte Seite (363)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 52 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?"