- 60 -Fastenau, Volker: "...comme si on appuyait sur une sonette?" 
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stig springt sie für eine verstorbene Künstlerin ein und erfindet mit Maria I unfreiwillig den Striptease. Maria II avanciert zum Star der Truppe. Unterwegs stoßen sie auf den Revolutionsführer Florès, in den sich Maria I verliebt. Der Zirkus wird alsbald vom Diktator Rodriguez gefangengenommen. Bei der Flucht erliegt Florès seinen Verletzungen. Maria I schwört ihm zuvor, die Revolution zu vollenden, was mit Hilfe von Maria II und deren Erfahrung im Bombenbau auch gelingt. Vorher werden die beiden jedoch vor die Inquisition gebracht, können aber mit Hilfe der Zirkusleute befreit werden. Die letzte Einstellung zeigt das Duo bei einer Revue in einem Pariser Theater.

Malles Film ist eine bunte Mischung verschiedener Stile. Er vereint das Western- und Abenteuergenre mit der Komödie, streift dabei das Musical und die Operette und erinnert gerade in den klamaukartigen Gags an den früheren Film Zazie dans le métro oder an Comic Strips. Diese Melange war der Hauptkritikpunkt der Rezensionen, vor allem denen der Cahiers du Cinéma.147

147
Vgl. Comolli, Jean-Louis: »Viva Maria!«. In: Cahiers du Cinéma 177 (4/66), S. 75
Malle hatte vor, den traditionellen Abenteuerfilm zu parodieren. Hierbei diente Vera Cruz (USA 1954, Regie: Robert Aldrich) als Vorbild; anstelle der männlichen Hauptdarsteller Gary Cooper und Burt Lancaster setzte Malle in Viva Maria Jeanne Moreau und Brigitte Bardot ein. Das Budget des Films lag bei 13 Millionen Mark. Dieser war damit in finanzieller Hinsicht das bis dahin größte Projekt Malles. Kritiker warfen dem Regisseur vor, zu viele Aspekte auf einmal zu behandeln; die ursprünglich geplante leichte Komödie wird so im Laufe des Films in verstärktem Maße zum echten Abenteuerfilm. Manche Pointen kommen zudem aufgrund des Overkills an auditiven und visuellen Momenten nicht zur Geltung. In Frankreich erregte der Film vor allem wegen seiner Protagonisten Bardot und Moreau Aufsehen, die bis dahin noch nie gemeinsam vor einer Kamera gestanden hatten. Vieles im Film erinnert an eine Revue, nehmen doch die Zirkuseinlagen und die Gesangsdarbietungen der Hauptdarstellerinnen einen recht großen Platz ein. Dieser Aspekt ist insbesondere für die Musikdramaturgie von wichtiger Bedeutung, da die Musik durch ihre Verarbeitung zur Vermengung der Genres beiträgt.

Der Aufbau des Films ist wie schon bei den früheren Werken Malles eigenwillig: Nachdem die Kindheit, Jugend und der weitere Werdegang der Maria II beschrieben und die Tanz- und Gesangseinlagen Hauptbestandteil des ersten Teils des Filmes sind, rückt im Folgenden die zu vollendende Revolution in der Vordergrund. Der Film-Dienst nennt den Film eine »gut gestaltete und gespielte Persiflage«.148

148
Bastian, Günter: »Viva Maria!«. In: Film-Dienst 7 (16. 2. 1966), Kritik Nr. 13847
Dennoch wird an einigen Stellen nicht klar, inwieweit Malle seinen Film als Ironisierung der verschiedenen Genres versteht, da sich Thematik und Handlungsschwerpunkt wie oben bereits erwähnt im Laufe des Films ändern und manche Szene (unfreiwillig) ernst erscheint (in der Spiegel-Rezension des Films wird von »Regie-Schizophrenie« gesprochen149
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o. V.: »Ave Maria«. In: Der Spiegel 7/66, S. 122
). Dieser Aspekt ist insbesondere in Bezug auf die Musik von Bedeutung, da sich die Frage stellt, ob Malle durch den Gebrauch von genretypischen Stilelementen eine ähnliche Wirkung erzielen möchte, wie er es möglicherweise in Zazie dans le métro angestrebt hat: die Ironisierung musikalischer Mittel durch deren bewusst stereotypen Einsatz.


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