dern ihrer Vorgängerin Janine). In dieser »pseudo-ballade
irlandaise«151
Lacombe/Porcile (1995), S. 296
|
finden sich bereits harmonische Merkmale, die auf ein spanisches bzw. mexikanisches
Kolorit verweisen (so die charakteristische Akkordfolge g-moll / F-dur / Es-dur /
D7). Im weiteren Verlauf des Films findet dieses Thema keine Verwendung
mehr.
Zirkustruppe: Rodolfo, Diogenes, Werther, die Turcos (t 3, 4, 7, 13, 34–36)
Einige Takes sind deutlich mit dem Zirkusmilieu verbunden: Take 3 ist ein typischer
Walzer, welcher eine clowneske Akrobatennummer der Turcos untermalt. Ein auch auf
der Soundtrack-LP enthaltener Titel ist Cirque, ein Potpourri aus einem Galopp, der
stark an die Musiksprache Offenbachscher Operetten erinnert, und einem Walzer,
wobei im Film noch ein weiterer Teil hinzumontiert ist. Diese Musik dient der
Untermalung der vorgeführten Kunststücke und der Kennzeichnung des Ortes. Es
ist bezeichnend, dass sowohl der Walzer als auch Cirque an späterer Stelle
erneut erklingen: in der Schlussphase des Revolutionskampfes in den Straßen von
San Miguel. Die Revolution vollzieht sich mit eleganter Leichtigkeit, gleich
einem Zirkuskunststück. Somit wird akustisch untermalt, was das Bild zeigt:
Mit Artistik und pfiffigen Waffen (krummes Gewehr, Bombentaube) kann die
zahlenmäßig und waffentechnisch überlegene Armee des Diktators überwunden
werden.
Rodriguez (t 21) Der Großgrundbesitzer Rodriguez wird im Film visuell und akustisch karikiert.
Er gibt sich als Liebhaber der französischen Kunst (»J’aime l’art . . . J’aime beaucoup l’Ecole de
Paris«152
»Viva Maria – découpage et dialogue in extenso«. In: L’Avant-Scène du Cinéma 56 (2/66),
S. 1–58, hier S. 30
|
),
wobei sein Zimmer allerdings mit einem grotesken Durcheinander aus ›französischen‹
Reproduktionen – wie beispielsweise der Venus von Milo angefüllt – ist. Rodriguez wählt
offensichtlich in der Regel als Untermalung für seine ›amusements‹ mit weiblichen
Todeskandidatinnen das Vorspiel der Dame blanche von François Adrien Boieldieu,
einem Stück, für das auf der Soundtrack-LP fälschlicherweise Georges Delerue als
Komponist angegeben ist. Das Stück ist geschnitten und auf das prägnante Hauptthema
begrenzt. Das Erklingen dieses Ausschnitts aus der bekanntesten Oper Boieldieus (1825)
komplettiert den Stilmix in Rodriguez‹ Appartement und lässt den Filmbetrachter am
Kunstverständnis des Tyrannen zweifeln, da dieser zuvor den Ausspruch »je suis
moderne«153
gemacht hat. Für ihn ist eine Differenzierung von Kunststilen nicht möglich. Zugleich
erinnert er durch die sehr der Klassik verbundene Musik an einen despotischen Fürsten
des 18. Jahrhunderts, der je nach Belieben über seine Dienerschaft und seine
Gefangenen verfügen kann.
Die restlichen Takes dienen entweder der Spannungserzeugung (t 17, 19, 37), der
Atmosphäre (typisches Wild-West-Motiv in t 11, 14) oder der Kennzeichnung der
Situation und des Ortes (Tanzmusik in t 9, Litanei in t 23). Zu erwähnen sei hier noch
Take 38, welches in der Szene erklingt, in der der Abt mit seinem Kopf in den Händen
die Treppe des Präsidentenpalastes hinuntersteigt, nachdem in der Kapuze seiner Kutte
eine Handgranate explodiert ist. Dazu wird ein kurzer Ausschnitt montiert, der
harmonisch und vom Gestus entfernt an das Ave Maria Gounods
|