- Hat die Erfahrung des Ersten Weltkrieges das Verständnis der Musik derart verändert, daß die Nachkriegs-Hörer diese Erfahrung beim Hören mit einbeziehen?
Um auf diese Frage eine Antwort zu finden bietet es sich an, Kritiken zu Aufführungen auszuwerten und miteinander zu vergleichen.5 Die Ermittlung der Aufführungsdaten und die Zusammentragung der Kritiken geht zunächst auf die Vondenhoff-Sammlung zurück. Weitere Kritiken und Daten wurden von Andreas Loheide in seiner Examensarbeit an der Essener Folkwang-Hochschule von 1994 zusammengetragen. Ihm sei für die Zurverfügungstellung seiner Datenliste und der Zeitungskopien herzlich gedankt. Diese Datenmenge wurde durch Recherchen vor allem im Dortmunder Institut für Zeitungsforschung und im Zeitungsarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien noch etwa um das Doppelte erweitert. Den dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei für ihre Hilfsbereitschaft ebenfalls herzlich gedankt. |
Kritiken bieten den Vorteil, daß sie in der Regel von kompetenten Hörern verfaßt worden sind. Die Gruppe der Rezensenten kann bis zu einem gewissen Grad kompetente musikalische Öffentlichkeit repräsentieren. Ihre Aufgabe es ist, einer Leserschaft von der Gestalt und Wirkung von Musikwerken Mitteilung zu machen. Sie sind also damit beschäftigt und daran gewöhnt, Musikwerke zu beschreiben und zu bewerten und sie in den Kreis anderer Schöpfungen einzuordnen. Dabei ist es unerheblich, ob sie ihre Texte für überregionale Musikzeitschriften oder Lokalzeitungen verfassen. In diesen wortsprachlichen Dokumenten liegen qualifizierte und aussagefähige Beschreibungen von Musik vor. Es handelt sich um eine Textart, deren Funktion klar umrissen ist und deren Autoren von ihrem Berufsfeld her über Sachkompetenz, Sprachmächtigkeit und Urteilsfähigkeit verfügen. Bei dieser Vorgehensweise muß sich die Untersuchung auf die Sechste Symphonie beschränken und auf die Lieder verzichten. Da bei einem Liederabend in der Regel eine Fülle von Liedern zum Vortrag kommt, die in den Kritiken nicht eigens oder nur kursorisch Erwähnung finden, werden kaum ausreichend aussagefähige Kritiken zu den einzelnen Liedern aufzufinden sein. Die Sechste Symphonie wurde vor der Ersten Weltkrieg in folgenden Orten aufgeführt:
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| Datum | Ort | Dirigent | Orchester | Bemerkungen |
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| 27.5.1906 | Essen | Gustav Mahler | Städtische Orchester Essen und Utrecht | Uraufführung |
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| 8.10.1906 | Berlin | Oskar Fried | Philharmonisches Orchester | Erstaufführung Mahler anwesend |
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| 8.11.1906 | München | Gustav Mahler | Kaimorchester | Erstaufführung Wiederholung am 14.11.1906 unter Bernhard Stavenhagen |
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| 4.1.1907 | Wien | Gustav Mahler | Konzertvereinsorchester | Erstaufführung, erstmals »Tragische« |
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| 11.3.1907 | Leipzig | Hans Winderstein | Winderstein-Orchester | Erstaufführung |
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