- 13 -Heise, Walter: die Bringer Beethovens 
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In einem Bericht über Wolf Biermanns Kölner Konzert 1976 heißt es über Reiner Kunze, - den er seinen Freund, nicht aber seinen Genossen nennt -,
"Reiner Kunze habe keine faschistische Literatur geschrieben, habe nicht zum Krieg gehetzt, habe nicht gelogen. 'Aber', so Biermann, 'wir sind der Meinung, daß man auch mit traurigen Wahrheiten über die DDR lügen kann über die einzige Hoffnung: den Sozialismus.' " [9]

Die Gleichzeitigkeit von persönlicher Solidarität und ideologisch begründeter Kritik weist auf den unentschiedenen Widerspruch "humanistischen" und "parteilichen" Denkens hin. Es bedarf hier der zusätzlichen Anmerkung, daß Wolf Biermann früher selbst einem sehr ähnlichen Verdikt unterzogen worden war. In einem Fernsehinterview zwischen Marcel Reich-Ranicki und dem Polit-Sänger Dieter Süverkrüp heißt es drei Jahre vorher:
S.: Ich muß jetzt über einen Kollegen reden: Also ich persönlich schätze Biermann als Lyriker sehr, möchte aber betonen, daß es sicherlich sehr ernste sehr wichtige Gründe sind, die eben dazu führen, daß man ihn politisch sich nicht wirksam machen läßt. Ich halte diese politischen Gründe für richtig, weil ich meine, daß er -tut mir leid, das sagen zu müssen- objektiv der Entwicklung des Sozialismus in der DDR Schaden zufügt, -obwohl er es subjektiv sicherlich nicht will.
R.: Ich habe Sie richtig verstanden, Herr Süverkrüp, Sie haben also Verständnis dafür, daß man in er DDR dem Biermann verbietet aufzutreten und zu singen?
S.: Solange er Lieder schreibt, wie er sie im Augenblick schreibt und singt, -natürlich...[10]

Die sehr viel entschiedenere (und unbequemere) Position Reiner Kunzes ließe sich aus seinen Arbeiten leicht vielfältig belegen. Statt dessen seien hier einige Sätze aus einem Gespräch zitiert, das kurz nach der "Ausbürgerung" Biermanns geführt wurde:

"Wolf Biermann und ich, wir unterscheiden uns in manchem. Er sagt das selbst, und auch ich sage das hier noch einmal. Zum Beispiel trennt mich von Biermann das, was mich auch von manchem kirchlichen Oberherrn trennt, der einem zwar bestätigt, daß man die Wahrheit schreibt, aber meint, man könne auch mit der Wahrheit lügen, wenn man nicht den rechten Glauben hat. Doch ungeachtet dieser Unterschiede, sind wir, Biermann und ich, seit Jahren öffentlich füreinander eingetreten..." [11]
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[9] Bericht von Heinrich Vormweg, in: Süddeutsche Zeitung, München, 15.11.1976; zit. bei: Wallmann, a.a.O.S.203
[10] Nachschrift der Sendung: M.Reich-Ranicki im Gespräch mit Liedermachern. ZDF, 19. 7. 1973
[11] Gespräch mit Karl Corino, aus: Deutsche Zeitung, Nr. 48, Bonn, 26.11.1976; zit. bei: Wallmann, a.a.O. S. 224


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