- 171 -Hinz, Christophe: Analyse und Performance mit der Software RUBATO 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (170)Nächste Seite (172) Letzte Seite (208)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

14.  Bewertung der Performances

In diesem Kapitel soll erläutert werden, welche Merkmale die entstandenen Performances besitzen, und welche Ähnlichkeiten sie mit den Anweisungen Chopins sowie mit den Interpretationen der fünf Pianisten gemeinsam haben. Mit Hilfe einer externen Umfrage soll schließlich festgestellt werden, inwiefern die Performances aussagekräftig, ausdrucksstark und stilgerecht geworden sind.

14.1.  Interne Bewertung

14.1.1.  Etüde Nr. 11

Die mit Rubato entstandene Performance der Etüde Nr. 11 unterscheidet sich schon im ersten Takt von den fünf kommerziellen Aufnahmen: Ab dem ›f‹ steigt das Tempo von  = 28 auf  = 24 ab, wodurch die beiden extremen Werte, die bei der Interpretationsanalyse herausgefunden wurden, gleichzeitig vertreten sind. Dies hat wiederum zur Folge, dem punktierten Rhythmus vergleichsweise mehr Schwung zu verleihen. Ab T. 5 fährt die Interpretation mit dem (recht schnellen) Tempo von Sokolov fort, nämlich  = 66.

In der Rubato-Version sind mehrere agogische Verformungen, die nicht im Notentext stehen, deutlich zu hören. Die T. 12/13 (beidhändige Pause) sowie die ähnlichen Stellen T. 30/31, 62/63 und 76/77 sind mit einer leichten Atmung versehen, wie sie auch bei Sokolov und, in den drei letzten Fällen, bei Fialkowska und Lugansky zu hören waren. Auch die T. 93–96 sind hier deutlich langsamer, wo alle Pianisten entweder ebenfalls langsamer, oder zumindest rallentando gespielt haben. Es gibt schließlich noch zwei Stellen, an denen der Notentext zwar agogisch, aber auf eine originelle Art verformt wird. Erstens werden die beiden wichtigen Akkorde von T. 88 im Tempo gespielt, wo alle fünf Pianisten deutlich langsamer waren; allerdings wird der Einsatz von T. 89 dagegen leicht verzögert. Schließlich wird in T. 80/81 von Sokolov und von Lortie eine leichte Atmung eingebaut, die hier in den zwei darauffolgenden Takten durch ein langsameres Tempo ersetzt wird.

Die dynamischen Anweisungen von Chopin wurden treu kodiert, und sind mit wenigen Ausnahmen auch in der Performance mit Rubato wieder zu finden. In Abbildung 14.1 werden sie gegenübergestellt. Dort kann man leicht erkennen, dass hauptsächlich die charakteristischen crescendo-decrescendo-Muster von T. 7–8, 15–16 und 71–72 – im letzten Fall wie bei Lugansky und bei Pollini – nicht zu hören sind. Auch das decrescendo von T. 90–91 wird wie bei Lortie und Lugansky ignoriert. Diese Abweichungen sind darauf zurückzuführen, dass ihre Intensität in der PrimaVistaRubette von vornherein stark eingegrenzt wurde (indem kein molto crescendo usw. kodiert wurde). Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass analytische Gewichte an diesen Stellen interferiert haben könnten, und dass die einzelnen Verformungen (z. B. leiser durch das PV Gewicht, lauter durch das analytische)


Erste Seite (i) Vorherige Seite (170)Nächste Seite (172) Letzte Seite (208)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 171 -Hinz, Christophe: Analyse und Performance mit der Software RUBATO