Wallace Berry hat in seinem Buch Structural Functions in Music (Berry [1976])
eine ähnliche analytische Technik definiert. Sie beruht auf einer Aufteilung der
Musik in drei Parameter (Tonart, Textur, Rhythmus) und unterscheidet sich von
LaRues Technik nicht nur durch die Anzahl der Parameter, sondern durch eine
Reihe von Details, dessen Auflistung den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.
Zusammenfassend kann jedoch gesagt werden, dass der Hauptunterschied zwischen
beiden Techniken in der Perspektive liegt: Wo LaRue beschreibt, um die Essenz
des Stils zu erfassen, ist Berry eher funktional, um die ›innere Logik‹ eines
Werkes zu verstehen. Im Hinblick auf die Ziele dieser Arbeit wurde dennoch die
deskriptivere, dem Notentext nähere Technik von LaRue als theoretische Grundlage
benutzt.
3.2.2. Eingrenzungen und ErweiterungenDer Werkzeugkasten LaRues ist, nach seinen eigenen Worten, weder vollständig, noch muss man bei jeder Analyse alle von ihm vorgeschlagenen Geräte benutzen. Im Vorwort schreibt er: »The specialist will always want to add his own detailed refinement and personal emphases (or limitations) to the present suggestions« (LaRue [1992], S. vii). Da sich diese Arbeit im Hinblick auf ihre interpretationsbezogenen Ziele von den meisten musikanalytischen Arbeiten stark unterscheidet, muss LaRues theoretische Grundlage sowohl eingegrenzt als auch erweitert werden. Die parametrische Analyse birgt eine Gefahr, die die meisten Analysetechniken und -methoden gemeinsam haben: Durch eine sehr detaillierte Analyse steigt die Anzahl der Informationen über ein Stück rapide an. LaRue schlägt Folgendes vor:
Once we have established by the frame of reference that an observation is relevant, we must apply further tests and exclusions to make sure that it is worth recording. Otherwise we will quickly accumulate such quantities of observations that we will drown in our own data, a danger particularly noticeable in computerized analysis19
Um dieser Gefahr zu entgehen, ohne jedoch auf eine Analyse aller im Notentext vorkommenden Anweisungen zu verzichten, soll hier bei der Analyse versucht werden, die verschiedenen Informationen bei jeder Gelegenheit tabellarisch oder graphisch zusammenzustellen und gruppiert auszuwerten. Trotz dieser Einschränkung wird sich der eine oder andere Leser vielleicht wundern, dass hier im Vergleich zu den meisten musikwissenschaftlichen Arbeiten eine sehr feinmaschige Analyse vorgenommen wird. Hierfür sprechen zwei Gründe. Erstens sind es nicht hauptsächlich formale Aspekte eines Stückes, die es interessant machen, sondern vielmehr eine Reihe von Details. Narmour formuliert diese Tatsache auf elegante Weise: »[We] can never plumb the aesthetic depth of a great work without intense scrutiny of its parametric elements« (Narmour [1988], S. 340). Ein musikalisches Werk, dass sich akkurat in wenigen Worten interpretieren lässt, ist uninteressant. Zweitens geht es bei der Vorbereitung einer Interpretation nicht um ausgewählte Aspekte eines Werkes, da stets das gesamte Stück gespielt und somit jede im Notentext vorhandene Anweisung in der Analyse berücksichtigt werden muss, um |