- 38 -Hinz, Christophe: Analyse und Performance mit der Software RUBATO 
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Ein letztes wichtiges Merkmal von LaRues Guidelines betrifft die systematische Erstellung von drei Kategorien an allen Stellen, an denen eine große Anzahl von Stufen die Analyse erschwert: »We will often find it useful to arrange observations in three-part hierarchies. This ›Rule of Three‹ derives from Aristotle’s method of establishing means and extremes. For almost any characteristic we can propose a range of intensity from most to least, but any gradations in between can arouse justifiable disagreement. The practical solution is to consider ›in between‹ as a third category« (LaRue [1992], S. 5). Solche Dreiteilungen werden in dieser Arbeit mehrmals vorgenommen.

3.2.1.  Der Platz von LaRues Analysetechnik in der Musikwissenschaft

LaRues Guidelines sollten als eine Art Werkzeugkasten für die stilistische Analyse verstanden werden:

The present framework, though arranged categorically for ease in use, originated not as a theoretical method, but rather as a distillation of experience, organized systematically to remind us of the potentials of any piece whatever. Rather than a set of pigeon-holes, it is a flexible mesh through which the music passes, leaving a network of tracings from which we perceive the essence of style (LaRue [1992], S. vii).

Mit einer solchen Vorgehensweise schlägt LaRue eine Systematisierung der Arbeitsweise in der Analyse vor: Anstatt auf gut Glück oder vom Instinkt getrieben nach interessanten Merkmalen eines Stückes zu suchen, ist es mit LaRue möglich, diese Suche methodisch zu gestalten. In diesem Punkt unterscheidet sich der Autor deutlich von der deutschen musikwissenschaftlichen Tradition, die meines Wissens keine vergleichbare Technik vorweisen kann.

Der Einfluss der LaRueschen Analyse auf die Musikwissenschaft ist schwer zu erkennen. Dies liegt hauptsächlich an ihrer Eigenschaft, sich wie ein Werkzeugkasten zu benehmen: Wie man nur mit Mühe an einem fertigen Gebäude erkennen kann, welche Werkzeuge zu seinem Bau benutzt wurden, so ist die Identifizierung eines klaren Einflusses von LaRue in musikwissenschaftlichen Arbeiten nur in seltenen Fällen möglich. Selbst in seinen eigenen Arbeiten (z. B. in Brody/LaRue [1986]) kann man nur implizit seine Technik erkennen. Neben meiner Masterarbeit (Hinz [2001]) ist der einzige mir bekannte Fall einer eindeutigen Benutzung dieser Technik die Doktorarbeit von Robert Sharon (Sharon [1982]). Ein zweiter Faktor, der sich gegen die Verbreitung der Guidelines gerichtet haben kann, ist die Tatsache, dass in der Musikwissenschaft Techniken ein niedrigeres Ansehen als Methoden genießen. Trotz dieser Sachverhalte, und trotz der Tatsache, dass LaRues parametrische Analyse im deutschsprachigen Raum so gut wie unbekannt ist, sollte der Einfluss der Guidelines auf die Musikwissenschaft angelsächsischer Tradition nicht unterschätzt werden. Dies zeigt sich daran, dass im Jahre 1992 – 22 Jahre nach der Ersterscheinung – eine zweite Ausgabe veröffentlicht wurde. Ganze Generationen von Musikstudenten haben mit diesem Buch gelernt, vielversprechende analytische Hypothesen zu finden und darzulegen, was mit Sicherheit einen markanten Einfluss auf ihre musikanalytischen Reflexe hinterlassen hat.


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